Sudan
Wadi Haifa, Nil und Krokodile
29. November 2003 - fast Ausreise Ägypten
Wir sind immer noch in Assuan, aber die Stimmung bei der Reisegruppe wir
zunehmend besser. Heute nacht haben wir seit langer Zeit mal wieder im Monster
geschlafen. Mark und Johanna die mit uns den Ponton nach Wadi Haifa teilen
werden, haben einen netten Platz außerhalb von Assuan gefunden an dem
ungestörtes Campen möglich ist. Die Anfahrt verlangt vom Monster fast alles.
Eine steile Sandpiste bei Nacht, ich glaube bei Tag wäre ich sie nicht gefahren;
dafür einen Logenplatz über dem Nil und ohne Lärm. Ein Novum - wirklich schön.
Mark und Jo kommen aus England und sind mit einem 6x6 Landrover auf einer
ähnlichen Tour wie wir, nur dass ihr Fahrzeug wesentlich mehr nach Abenteuer
aussieht als unser Monster. Aber auch ein Landrover hat seine Macken, die
repariert werden müssen. Mark verbringt fast 2 Tage unter seinem Gefährt. Mit
wohlmeinenden Rat stehe ich zur Seite ohne mich allzu schmutzig zu machen. Ach
ja Mark und Jo reisen nicht alleine sie haben auch noch zwei Hunde dabei, einen
kleineren "Blue" und einen großen "Red". Wer mein Verhältnis zu Hunden kennt,
kann sich ausmalen, was in mir vorging. Aber wir freuen uns schon mit den beiden
die Überfahrt zu machen. Auch sie haben eine Homepage und versuchen sie aktuell
zu halten: www.african-adventure.co.uk
Da unsere Fahrerlaubnis, Versicherung etc. heute ihre Gültigkeit verlieren,
müssen wir das Monster sofort in den Hafen bringen und "ausführen". KASO darf
aber noch einen Tag in Assuan bleiben, das wäre eigentlich nicht nötig gewesen.
11 Tage Assuan sind 7 Tage zuviel. Am Hafen treffen wir alte Bekannte. Eine
Gruppe von türkischen Motorradfahrern, muß aus dem gleichen Grund die Motorräder
am Hafen abstellen. Wir kennen sie schon, da auch sie erwogen hatten auf dem
Ponton mitzufahren. Nun nehmen sie die Personen-Fähre, weil auf dem Ponton
eigentlich nur der Fahrer mit darf und nicht der Beifahrer - aus
Sicherheitsgründen! Bei Autos darf auch der Beifahrer mit. Der
Sicherheitshinweis macht uns nachdenklich. Seit wann haben die Ägypter ein
Sicherheitsdenken - nirgends sonst ist ein solches zu erkennen. Im Hafen treffen
wir uns mit Herrn Abu Rabou von der Transportgesellschaft. Er will noch Güter
auf dem Ponton nach Wadi Haifa schicken, dafür übernimmt er ein Viertel der
Kosten. Das kommt uns äußerst entgegen. Bei dieser Gelegenheit können wir den
Ponton zum ersten mal in Augenschein nehmen und sind etwas beruhigt. Er sieht
ganz normal aus; wie ein Schiff ohne Antrieb und ohne Kabinen eben. Wir hatten
schon die haarsträubendsten Phantasien, von wild zusammengebundenen Ölfässern
bis hin zum Holzfloß.
Mein Handy klingelt, es ist eine ägyptische Nummer. Das kann nur eine Tourist
sein, der nach Wadi Haifa will. Und genau so ist es - Luc aus der Schweiz will
auch in den Sudan. Also sind wir schon 3 Fahrzeuge. Luc hatte eigentlich für die
große Fähre am Montag reserviert, aber die fährt nicht, weil sich zu wenig
Fahrgäste dafür interessiert haben. Deshalb muss auch er auf den Ponton. Er
hatte sich so auf eine "First Class" Kabine gefreut - und jetzt das.
An diesem Tag finden wir auch endlich einen Beer-Shop - nach 4 Wochen Ägypten.
Die Gelegenheit nutzend decken wir uns für die Überfahrt ein. Im Sudan ist
Alkohol wieder strikt verboten.
30. November 2003 1. Advent
Wir treffen uns alle beim Büro der Transportgesellschaft. Und siehe da, da steht
noch ein Landrover, Kai und Luc auch aus der Schweiz. Jetzt sind wir vier
Fahrzeuge. Die Kosten sinken langsam in eine akzeptable Region.
Wir treffen einen französischen Rentner mit Fahrrad. Er spricht nur Französisch
und reist ohne Visum. An jeder Grenze wartet er bis die Beamten ein Einsehen
haben und ihn einlassen. Das kann sich manchmal über mehrere Tage hinziehen. Der
Mann hat die Ruhe weg, bewundernswert. Wir nehmen ihn und sein Rad mit zum
Hafen, denn auch er will in den Sudan.
Nachdem wir unsere Personentickets für den Ponton gekauft haben, begeben wir uns
in den Hafen zur Verschiffung. Auch das geht natürlich mit der ägyptischen Ruhe
und Gründlichkeit vonstatten. Um 10:00 Uhr mussten wir im Hafen sein. Jetzt um
14.00 Uhr ist immer noch kein Auto auf dem Ponton. Die Pässe sind irgendwo
verschwunden und Mark ist wieder nach Assuan gefahren um einen Tierarzt zu
suchen. Er benötigt ein Ausreiseattest für seine Hunde- so ein Blödsinn. Der
Zöllner der die Fahrzeuge kontrolliert, ist weniger an den Fahrzeugen als an
Kopfschmerztabletten interessiert. Pro Fahrzeug 2 Stück und wir sind durch den
Zoll.
Die Pässe haben wir immer noch nicht aber nun endlich sollen wir die Autos
verladen: rückwärts auf den Ponton, das Monster zuerst, dann Brian (gehört Luc
1), Alice (mit Besatzung Kai + Luc 2) und zuletzt Custard der 6x6 Landrover (mit
Mark + Jo und Blue + Red). Alle Touristen geben ihren Fahrzeugen Namen. Das muss
wohl so sein, da das Fahrzeug doch ein wesentlicher Teil einer Reise ist. Und
man lebt und leidet mit seinem Fahrzeug oder auch umgekehrt.
Um 15:00 Uhr sind alle Vehikel und Passagiere an Bord. Im Zeitlupentempo wird
der Ponton gedreht. Das Zugfahrzeug ist eher ein Schiebefahrzeug. Es wird hinten
links am Ponton festgemacht. Das Schiff zeigt sich in einem äußerst desolaten
Zustand. Vermutlich schwimmt es nur weil es am Ponton festgebunden ist. Kapitän
Nelli ist der Chef an Bord. Nett, klein, quirlig und keiner hört auf ihn. Denn
er ist nur Kapitän des Schiffes, der Ponton hat eine sudanesische Mannschaft mit
meist einer anderen Meinung.
Um 16:11 hat der Kahn richtig Fahrt aufgenommen. Nicht zu glauben aber wahr, wir
sind unterwegs nach Wadi Haifa. Zur Feier des Tages öffnen wir ein Bier - ein
richtiges. Doch was ist das? Das Schiff dreht wieder um und fährt in Richtung
Hafen - Maschinenprobleme, zu früh gefreut. An einer vorgelagerten Insel, ca.
100 m vom Hafen entfernt, wird angelegt. Wir helfen der Besatzung mit Werkzeug
und mit Ratschlägen aus. Mark spricht etwas arabisch und wird somit zum
Vermittler in allen Lebensfragen zwischen Besatzung und Passagieren. Nach einer
Stunde kommt Verstärkung, ein Boot mit Mechanikern und Ersatzteilen. Es wird
dunkel und inzwischen kochen und essen die Passagiere. Plötzlich fährt unser
Ponton wieder. Er wollte und sollte nachts nicht fahren!. Er bringt die
Mechaniker zurück an Land und fährt zurück zur Insel, wo wir die Nacht
verbringen. Wieder eine Nacht in Assuan. Wir kommen hier einfach nicht weg.
1. Dezember 2003
Als wir aufwachen sind wir auf See. Wir fahren. Wir haben Assuan endlich hinter
uns gelassen. Wadi Haifa wir kommen! Ein wirklich angenehmer ruhiger Tag auf dem
Nasser Stausee. Wir tuckern mit ca. 11 km/h Richtung Süden. Die Passagiere
genießen den Tag auf See. Und auch Luc aus der Schweiz stellt fest, dass das
Leben hier auf dem Ponton wahrscheinlich angenehmer ist als auf der Fähre. Nur
die Mannschaft kann die Reise nicht so richtig genießen, da Red, der große Hund;
keine Araber mag und dies durch Zähnefletschen und Knurren auch kund tut. Ich
hingegen habe mich mit den zwei Hunden richtig angefreundet und verstehe mich
recht gut mit ihnen.
Kapitän Nelli will heute nacht durchfahren - obwohl es verboten ist. Er
beabsichtigt den verlorenen Tag wieder aufzuholen. So ganz begeistert sind wir
nicht, aber er sieht keine Probleme. Es werden Ausgucke aufgestellt und wir
begeben uns in unsere Fahrzeuge zum Schlafen.
2. Dezember 2003 Abu Simbel
Wir erwachen von fürchterlichem Geschaukel. Es wird immer schlimmer.
Das Monster
schaukelt sich richtig auf. Oh oh nichts wie raus - bevor ein Unglück geschieht.
Dana schafft es kaum sich Hosen anzuziehen. Nachdem sie ihre kleine
Unpässlichkeit relativ schnell überwunden hat, scheint es uns angeraten das
Monster anzuleinen, damit es nicht über Bord geht. Die Strapse (LKW Spanngurte)
werden an Steuer- und Backbord gespannt. Sieg - das Monster ist gezähmt.
Die Kreuzfahrt steuert in Richtung Tempel Abu Simbel (hier irgendwo geschah der
Mord bei Agatha Christies "Tod auf dem Nil"). Je näher wir kommen, desto
majestätischer wirken die Wächterfiguren. Wir passieren das Heiligtum in nur
wenigen Metern Entfernung. Auch hat sich der Seegang etwas beruhigt, so dass wir
auch diesen Tag auf See genießen können. Gegen Mittag peilt die Mannschaft
plötzlich die Küste an.
Der Motor macht wieder Probleme. Angeblich sind es bloß noch 5 Stunden bis Wadi
Haifa. Wir können ein typisches Anlegemanöver beobachten. Kurz vor dem Land
werden die Maschinen gestoppt, dann sucht man sich die ungünstigste Position,
mit möglichst hohem Ufer und rammt voll in den Fels. Der Kapitän springt mit dem
Tau von Bord, gibt wirre Befehle, die von niemandem befolgt werden und der
Ponton wird ganz wo anders festgemacht.
Eine Leitung der Einspritzdüsen ist leck und muss abgedichtet werden. Mark und
ich machen uns daran den Schaden provisorisch mit Elektrolot und Dichtpaste zu
reparieren. Die Reparatur taugt nicht viel aber wir hoffen, wir schaffen es bis
nach Wadi Haifa. Nach 2 Stunden geht's weiter. Nach 3 Stunden der nächste Stop.
Letzte Kontrolle der ägyptischen Polizei im Nichts. Eine Steinhütte, ein Zelt
und ein Funkmast. Aber sie haben bereits Kopien unsrer Ausreisepapiere. Die
Administration funktioniert. Wir haben Ägypten verlassen.
Wadi Haifa ist in Sicht. Wir können heute nicht mehr weiter, weil der Zoll schon
geschlossen ist. Also übernachten wir an einer Insel 1 km von Wadi Haifa
entfernt. Das Anlegemanöver entspricht dem oben beschriebenen. Der Punkt an dem
man wirklich Land berührt ist äußerst zufällig. Wenn ein Felsen zum Festmachen
in der Nähe ist, so hat man Glück und bleibt dort liegen.
3. Dezember 2003 Wadi Haifa
Wadi Haifa wurde für mich zur Manie, seit wir diese Tour geplant haben. Hier
werde ich meinen ersten Zigarillo rauchen seit ich mit dem Rauchen aufgehört
habe. Dieses Wadi Haifa ist für uns die Schlüsselstelle zwischen Nord- und
Zentralafrika. Am Wendekreis des Krebses, der nur wenige Kilometer nördlich von
Wadi Haifa liegt, beginnen die Subtropen. Und jetzt sind wir fast da. Auf dem
Ponton herrscht reges Treiben, weil alle ihre Fahrzeuge wieder bereit machen
müssen. Die Tage auf dem Ponton haben aus der Zweckgemeinschaft eine nette,
illustre Reisegruppe gemacht.
Wir legen an. Das heißt, es wird versucht. In Ermangelung eines Felsen rammt der
Ponton das Fährschiff, dann wird der Ponton per Muskelkraft an die Mole gezogen.
Warum Kapitän Nelli die Mole nicht direkt angesteuert hat, können wir uns nicht
erklären. Komplizierter konnte er das Anlegemanöver nicht gestalten. Wir warten
auf die Passkontrolle. Nach über einer Stunde endlich fahren wir vom Ponton zum
Zollgebäude und warten wieder. Es geht stundenlang nichts. Endlich kommt der
Zöllner. Alle Formulare 4-fach ausfertigen. Diesmal wird nach Hämorridensalbe
und Potenzmittel gefragt. Nein damit können wir nicht weiterhelfen.
Schmerztabletten nur dann wenn die Zollabfertigung vorbei ist. Einige von uns
werden langsam äußerst ungeduldig, wenn es nicht bald weitergeht. Das Gerücht
geht um, dass wir erst morgen abgefertigt werden sollen. Dagegen protestieren
wir nun aber lautstark und plötzlich heißt es quickly und hurry up. Wir können
die Registrierung im "Alien Office" doch noch heute erledigen. Der Beamte wartet
extra auf uns. Es hat tatsächlich den ganzen Tag gekostet hier einzureisen. Aber
wir haben alle Stempel, sind registriert, sind etliche Dollar los und können nun
hin wohin wir auch wollen - und es ist wieder einmal Nacht. Luc will im Hotel El
Nil übernachten wir anderen wollen irgendwo außerhalb campen. Nach der
Besichtigung des Hotels "... vier Betten im Sand" zieht Luc eine Nacht im Hotel
Brian (Landrover) vor.
Heute hat Jo aus England Geburtstag, deshalb gehen wir in ein Restaurant oder
was in Wadi Haifa Restaurant genannt wird. Es gibt Fisch oder Fleisch mit Bohnen
und Brot, ohne Besteck im Blechnapf. Es war schön so gemeinsam irgendwo in Wadi
Haifa gestrandet zu sein, aber dieses Geburtstagsmahl wird sie nicht so schnell
vergessen. Und ich genieße meinen ersten Zigarillo nach über einem Jahr und er
hat geschmeckt.
Nachtlager mit beeindruckender Kulisse, Lagerfeuer und geschmuggeltes Bier und
Wein. Happy Birthday Jo.
4. Dezember 2003 Corrugations
Weiter geht's nach Süden. Von Wadi Haifa nach Khartoum gibt es zwei Strecken:
eine führt den Nil entlang bis Abu Dom und dann nach Khartoum, die andere der
Eisenbahn entlang bis Atbara durch die Wüste. Wir entscheiden uns für die Nil
Strecke, weil sie angeblich weniger sandig ist Die Piste soll in desolatem
Zustand sein, aber Hauptsache kein Sand.
Corrugation iron ist der englische Begriff für Wellblech. Wellblech steht für
eine Straßenbeschaffenheit mit eben diesem Aussehen. Was mit einem normalen Auto
äußerst lästig zu fahren ist, wird mit dem Monster zur Hölle. Die Starrachsen
mit Blattfedern machen ein schnelles Vorankommen unmöglich. Hat die Strasse kein
Wellblech sondern weite Wellen, dann schlägt der Aufbau dauernd durch, so daß
wir Angst haben die Kabine fällt zusammen. Und wenn die Strasse kurze Querwellen
hat so kommt die ganze Kiste so ins Schwanken, dass wir fürchten umzufallen.
Die ersten 50 km wollen wir noch mit den andern mithalten und versuchen ca. 40
km/h zu fahren. Unmöglich! Alles was schneller als 25 km/h ist, geht nicht bei
dieser Straßenbeschaffenheit. Oft müssen wir sogar noch langsamer fahren. Die
Theorie ab 80 km/h über das Wellblech "hinwegzuschweben" gilt nur für leichte
Autos.
Stellt euch vor, ihr müsst auf einem sehr schlechten Feldweg von Hamburg nach
München fahren. Die Strecke Wadi Haifa nach Khartoum sind über 1000 km. Am
ersten Tag schafften wir gerade mal 125 km. Die Landschaft ist wunderschön. Eine
Piste die sich durch ein Steinwüste windet, weg vom Nil ins Landesinnere. Leider
kann ich die Landschaft nicht genießen das Fahren verlangt unsere ungeteilte
Aufmerksamkeit
5. Dezember 2003
Alice fährt weiter, sie müssen in 3 Wochen in Kenia sein. Custard und Brian
begleiten das Monster. Einer fährt meist hinter uns falls wir hängen bleiben.
Der Versuch den Tempel von Sulb zu besuchen scheitert für das Monster an der
Straßenbeschaffenheit, für die beiden andern am Preis des Guides und daran, dass
wir nicht genau wissen wo die Tempel überhaupt sind. (Es gibt keine
Sudanreiseführer. Wir sind auf rudimentäre Informationen aus Karten). So
schaffen wir an diesem Tag auch wieder nur rund 150 km. Die Strasse ist noch
endlos nach Khartoum.
Die Dörfer durch die wir kommen wirken sehr sauber und gepflegt: Kunstvoll
verzierte Türen und Minarette, fast kein Müll. Die Strecke verläuft oft dem Nil
entlang. Manchmal führt sie über Kilometer hinweg durch Dörfer. Oft Staub- oder
Steinpiste und immer wieder Wellblech.
Plötzlich ein neues Geräusch. Pschhhh - Pschhhh - Pschhhh bei jeder
Reifenumdrehung. Der zweite Reifen ist hinüber. Langsam wird es eng. Es ist nur
noch ein Reifen übrig. Heute gibt es das letzte geschmuggelte Bier am
Lagerfeuer. Das ist das High Light des Tages.
6. Dezember 2003 Nikolaus
Keine Schokolade. Die Nächte sind hier im Norden des Sudans empfindlich kalt.
Heute morgen hatte es gerade mal 6 Grad kurz vor Sonnenaufgang. Da wir die Zeit
maximal nutzen wollen stehen wir immer früh auf. Danach wird ein bisschen an den
Autos repariert, weil fast bei allen ein kleiner Schaden zu beheben ist. Außer
dem Platten haben wir seit gestern auch keine Handbremse mehr. Der Aufbau ist
schon seit Wadi Haifa zusätzlich mit Spanngurten fixiert. Das Monster sieht aus
als habe es gelbe Hosenträger an. Aber ohne sie hätten wir den Aufbau schon
lange verloren.
Wir sind voraus gefahren aber irgendwie vom Weg abgekommen. Eine der hundert
möglichen Pisten war falsch. Als wir es bemerken sehen wir wie Brian und Custard
uns voraus sind. Da sie aber glauben sie fahren hinter uns, versuchen sie uns
einzuholen und wundern sich, wie schnell wir sind. Entsprechend zügig versuchen
wir ihnen zu folgen. So startet eine längere Verfolgungsjagd unter erschwerten
Bedingungen. Hier wird dann der Spruch vom "bobbling monster trough Africa" von
Mark geprägt. "... I'm looking around und suddenly I saw a bobbling monster
behind us."
Mittagspause am Nil an einem traumhaften Platz. Plötzlich der Ruf: Krokodile!
Tatsächlich - wir sehen unser erstes Krokodil. Red und Blue müssen nun ernsthaft
vom Wasser weggehalten werden, wenn sie nicht als Kroko-Futter enden wollen.
7. Dezember 2003
Aus Solidarität zum Monster und seiner Besatzung haben Luc, Jo und Mark bisher
auf alle Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke verzichtet. Wir kommen einfach
nicht schneller voran. Langsam wird die Zeit knapp für Custard, da Jo und Mark
am 14. in Lalibella (Äthiopien) sein müssen. Custard und Brian sind
vorausgefahren um zu klären, wo man mit einer Fähre auf die andere Nilseite
übersetzten kann. Als wir endlich die Fähre erreichen wird uns eine Botschaft
überreicht. "... diese Fähre führt nur auf eine Insel wir treffen uns in Argo an
der Fähre". Laut Aussage der Umstehenden haben sie 40 Minuten Vorsprung, nicht
einzuholen mit dem Monster. Wir suchen immer nach den Spuren von Custard und
Brian. Wie Indianer haben wir gelernt Reifenspuren zu lesen.
Als wir nach 2 Stunden an der Fähre in Argo eintreffen, ist unsere Enttäuschung
groß. Kein Brian und kein Custard. Wir sind traurig, weil wir uns von unsren
neuen Freunden nicht verabschieden konnten. Heute morgen gingen wir davon aus,
dass wir uns bei der Fähre treffen aber Monster war viel zu lahm.
Die Fähre sieht nicht sehr vertrauenserweckend aus. Vor allem die Rampe zur
Fähre ist entsetzlich steil. Das Anlegemanöver ist von der Art, wie wir es von
Kapitän Nelli und seiner Crew gewöhnt sind. Augen zu und drauf. Auf der Fähre
haben nur 2 Fahrzeuge Platz, vielleicht warten sie ja auf der andern Seite -
nein.
Nun sind wir erstmals seit über einer Woche wieder alleine unterwegs. Noch 70 km
bis Dongola. Die Piste wird allmählich besser. Manchmal können wir schon 40 km/h
fahren ohne verrückt zu werden. Und plötzlich Asphalt - richtig glatt und eben.
Wir haben Dongola erreicht. Nun müssen wir uns ein Nachtlager suchen. Außerhalb
in Richtung Süden sehen wir Bäume in der Wüste stehen, wir biegen von der
Strasse ab und fahren auf die Farm zu. Wir fragen ob wir hier stehen bleiben
dürfen. Dies wird sehr freundlich gewährt. Ein Sohn spricht Französisch, der
Vater spricht sogar Deutsch. Er war vor über 30 Jahren in der Deutschen
Botschaft in Bonn beschäftigt. Die Einladung in seinem Haus zu übernachten
lehnen wir ab, nicht jedoch den guten Kaffee und die Datteln die uns ans Monster
gebracht werden. Angenehmer hätten wir es nicht treffen können.
8. Dezember 2003
Wir werden von Hassan Ramud zum Frühstück eingeladen. Tee und Datteln, Brot und
Kuchen wird aufgetragen und hinterher gibt es noch sudanesischen Kaffe. Der Tee
ist wirklich lecker, süß und duftet nach Zimt. Wie sich herausstellt heißt der
älteste Sohn Karl und ist in Deutschland geboren, spricht jedoch kein Deutsch.
Wenn wir Hilfe benötigen sollen wir uns an sie wenden. Herr Ramud gibt uns 2
Adressen und mehrer Telefonnummern.
Wir müssen weiter, weil nun der sandigste Abschnitt vor uns liegt. Die Route
führt den Nil entlang durch Sandwüste bis Abu Dom, danach soll es angeblich eine
neue Teerstrasse bis Khartoum geben, wenn nicht, benötigen wir noch 3 Tage
länger.
Die Teerstrasse endet nach 5 km wieder. Sie ist nur 15 km lang. Ab hier wird die
Piste undeutlich. Viele Spuren verlaufen sich im Sand. Manchmal ist der Sand
hart und eben und gut zu fahren, manchmal weich und eklig. Links von uns zieht
sich das grüne Vegetationsband des Nils. Scheinbar unendlich viele Minarette
zeigen uns den Verlauf des Stroms. Mit 2-Radantrieb und mit eingeschalteter
hinterer Differentialsperre kommen wir ganz gut durch den Sand. Wir werden von
überladenen Bussen in halsbrecherischer Fahrt überholt. Oft sitzen noch
Passagiere auf dem Dach, die sich nur mit Müh und Not festhalten können. Ihnen
zu folgen scheitert jedes Mal an der Geschwindigkeit, die sie vorlegen.
Eigentlich sind es LKW, mit Sitzbänken auf der Ladefläche und gefahren wird ohne
Rücksicht auf Fahrgäste oder Fahrzeug. Zumindest versuchen wir der Spur der
Busse zu folgen, weil wer kennt die Strecke besser. So kommen wir durch den Sand
ohne uns einzugraben. Hin und wieder benötigen wir die Geländeuntersetzung aber
das Monster schlägt sich ganz gut.
Allmählich wird die Piste härter und wir haben wieder Wellblech. Es tut in der
Seele weh, wie diese Pisten am Material nagen. Wir sind kurz vor Abu Dom, in der
Nähe der erhofften Strasse. Aber die ist hier noch im Bau, denn alles um Abu Dom
ist eine Baustelle und plötzlich stecken wir im Sand. 100 Meter neben dem Dorf.
Durch ein paar ungeschickte Manöver schaffe ich es, das Monster bis zu den
Antriebswellen einzubuddeln. Selbst mit Sandblechen kommen wir nicht raus. Um
uns herum helfen mittlerweile 2 Sudanesen und ca. 8 Kinder im Sand zu graben,
ohne ersichtlichen Erfolg. Plötzlich verfinstert sich der Himmel und mit lautem
Getöse hält ein riesiger Bagger neben dem Monster. Von hinten fährt er ans
Monster ran und schiebt uns mit seiner Schaufel langsam aus dem Sandloch. Er
schleppt uns auch noch zur 100 m entfernten Piste. Um aus diesem Sandloch
rauszukommen hätten wir noch Stunden schaufeln müssen, zum Glück war der Bagger
in der Nähe. Wir nehmen nun einen anderen Weg um das Dorf herum. Durch die
Aktion Sandloch, haben wir über 2 Stunden verloren. Es ist fast schon Nacht und
immer noch keine Strasse in Sicht. Langsam machen sich wieder Zweifel breit,
gibt es die Strasse überhaupt?. Bei einer Neubausiedlung der Bauarbeiter
übernachten wir. Es ist mild und es ist Vollmond. Doch welch ein Unterschied zu
den romantischen Vollmondnächten in der weißen Wüste. Aber auch dort sind wir
bei Vollmond im Sand stecken geblieben. Vielleicht sollten wir Sand bei Vollmond
meiden, wer weiß welch ein Zusammenhang da (nicht) besteht.
9. Dezember Abu Dom - Khartoum , Asphalt-Strasse
Es sind wirklich nur noch 2 km bis zur Asphaltstrasse. Sie existiert! Wir sind
tatsächlich über 700 km gefahren durch Schotter, Wellblech und viele
Sandpassagen um 2 km vor der Asphaltstrasse in der Baustelle stecken zu bleiben.
Genau beim ersten Meter Asphalt treffen wir auf die neue Strasse, keinen Meter
lassen wir aus. Mit über 90 Sachen fliegen wir Richtung Süden. Die Wüste wird
nach und nach etwas lebendiger. Ab und zu sieht man einen Busch im Sand, bis die
Landschaft allmählich in Steppe und Savanne übergeht. Kamelherden weiden links
und rechts der Strasse. Wir nähern uns Khartoum
Früher als erwartet erreichen wir die Hauptstadt. Das GPS leitet uns direkt zum
"blue Nile Sailing Club" und Campingplatz. Nach einer etwas komplizierten
Umfahrung der Innenstadt, sowohl Bäume als auch elektrische Leitungen sind nicht
monstergerecht, stehen wir am Tor und sehen Custard. Wir haben nur einen Tag
länger gebraucht. Aber das waren die härtesten 1000 km, die wir bisher gefahren
sind. Die nächsten Tage sind damit angefüllt alle Havarieschäden am Monster zu
kurieren. Der Badschrankspiegel liegt im Bett, der Ablauf vom Waschbecken endet
im Schrank, wir haben keine Handbremse mehr, der Staub ist überall und der
Aufbau liegt nur noch lose auf der Pritsche.
Luc ist auch hier in Khartoum (im Hotel!). Wir alle beschließen den Abend bei
einem Büfett in dem etwas nobleren Hotel Grand Holiday Villa. Für 20 US$ darf
man essen soviel man will. ... 3 Vorspeisen, 4 Hauptgänge, ein paar
Kleinigkeiten dazwischen und 2 mal Nachtisch.
Auch Weihnachten wollen wir zusammen zu feiern, am Dach Afrikas im Simien
National Park in Äthiopien mit dem viert höchsten Berg des Kontinents. Hier
sollte Weihnachtsstimmung aufkommen, da es nachts Frost haben kann. Alle freuen
sich darauf Weihnachten nun doch mit Freunden zu verbringen. Wir haben uns schon
manche Gedanken gemacht wie wir die Festtage begehen wollen.
10/11 Dezember 2003 - Khartoum
Daß der Sudan eines der ärmsten Länder der Welt ist, fällt in Khartoum nicht
auf. Die Lage des "Blue Nile Sailing Club" in der Nähe des Präsidenten Palastes
hat eine angenehme Atmosphäre. Der Verkehr ist auch nicht so schlimm wie in
Kairo. Die Taxis sind zwar in desolatem Zustand, aber es fließt alles etwas
gemäßigter.
Das Leben im Sudan ist sehr teuer im Vergleich zu Ägypten. Viele Lebensmittel
kosten sogar mehr als bei uns in Deutschland. Auf alle eingeführten Artikel ist
100% Zoll, der mit bezahlt werden muss. Da im Sudan nur wenig selbst hergestellt
wird, betrifft das recht viele Produkte.
Ich bin fast 2 Tage mit dem Taxi unterwegs um Reifen und ein Handbremsseil für
das Monster zu organisieren. Die Reifen die wir bekommen, haben fast die
richtige Größe und sind überteuert aber wir haben keine Wahl. Der Handbremszug
der eventuell passen könnte, stammt von einem VW Polo. Dafür muss ich mit dem
Taxi zur einzigen VW Vertragswerkstadt von ganz Sudan - aber immerhin. Die
Werkstadt ist sauberer als manches Hotel und sehr gut organisiert.
12. Dezember 2003
Luc hat uns eingeladen mit ihm in Brain nach Norden zur größten Sehenswürdigkeit
im Sudan, die Pyramiden von Meroe und die Royal City, zu fahren. Er hat auch die
Travel und Side Permits besorgt, so dass wir früh aufbrechen können. Es scheint
uns auch gut geraten heute den Sailing Club zu meiden. Da heute der freie Tag
der Woche ist, steht zu erwarten, dass viele Leute den Club besuchen, eben wie
bei uns am Wochenende.
Nach über zweieinhalb Stunden Fahrt, erreichen wir die Pyramiden. Sie sind nicht
so gewaltig wie die ägyptischen. Es stehen fast 50 Grabstätten auf relativ
begrenzter Fläche. Wir sind die einzigen Touristen. Anmutig ruhen die Pyramiden
in der Wüstenlandschaft. Die ganze Region scheint wie eine vergessene Welt, da
sich Sanddünen langsam zwischen den Pyramiden ausbreiten. Durch die Einsamkeit
und Ruhe die hier herrscht, kommt man sich vor wie Indiana Jones und erwartet
jeden Augenblick ein Geheimnis zu lüften. Man darf diesen Ort nicht vergleichen
mit Luxor oder Gize, er hat seinen eigenen Reiz
Unweit der Pyramiden liegt die Royal City, die Reste einer königlichen Stadt.
Leider kann man außer einem Steinschaf und einer Grube die "Pharaos swimming
pool" genannt wird nichts erkennen. Die Weiterfahrt zum Löwentempel führt uns
über eine 25 km lange sandige Piste. Brian, Lucs Landrover, ist schon 20 Jahre
alt. Aber mit dieser Fahrt wird mir klar wie unbeweglich das Monster ist. Brian
fliegt nur so über Bodenwellen und Sandlöcher. An Stellen, bei denen wir nur im
Kriechgang vorwärts kommen, vermindert Luc nicht einmal die Geschwindigkeit.
Langsam haben wir uns satt gesehen. Es reicht nun, wir machen uns auf den
Rückweg.
Zum zweiten mal dinieren wir im Grand Holliday Villa, der Heimat des für uns
ersten diesjährigen Christbaums. Es läuft Weihnachtsmusik. Irgendwie wirkt das
alles deplaziert, es will bei uns keine Weihnachstimmung aufkommen, was auch an
den über 39 Grad liegen kann, die hier in Khartoum Mitte Dezember herrschen.
13. Dezember 2003
werden alle Reparaturen am Monster abgeschlossen. Seit meiner praktischen
Ausbildung in der Lehre, habe ich nicht mehr soviel feilen müssen wie heute. Den
Handbremsseilzug eines Polos so umzubauen, dass er an einen LT 45 passt, war
mehr Aufwand als ich dachte. Es ist vollbracht. Die wichtigsten Stellen sind
geschmiert und das meiste unter dem Auto sieht wieder so aus, wie es nach meiner
Vorstellung aussehen sollte. Der Ablauf landet wieder im Freien und der Spiegel
hängt wieder im Bad. Welch ein Luxus.
14. Dezember 2003
Heute wird der Bericht geschrieben und morgen machen wir uns auf nach Äthiopien.
Das nächste Kapitel beginnt.
Bilder von unterwegs
Nachtlager
buntes Leben
zu Besuch
neue Freunde
noch mehr neue Freunde
Volkstanz
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