Libyen
Das Land von Al Gadaffi
Laut Vereinbarung mit dem Reisebüro in Deutschland hätten
wir am 22. Oktober um 11:00 Uhr an der Grenze in Ras Aldir sein
sollen, da uns dort ein Guide erwartet. Wer Libyen besuchen will, kann
dies eigentlich nur in einer Gruppe tun und benötigt, laut
libyscher Administration, einen einheimischen Führer oder
Begleiter. Also sind wir per Definition eine Reisegruppe und haben
über eine deutsche Reiseagentur einen Guide gebucht, der uns die
gesamte Zeit in Libyen begleiten wird. Für diesen
"Service" müssen wir 30 € pro Tag zahlen und
zusätzlich für Kost und Logis sorgen. Kein Problem für
uns, wir haben ja unser Monster und gegessen wird was auf den Tisch
kommt, außer in diesem Fall Schweinefleisch - versteht sich.
Da wir nun mal nicht zu den pünktlichsten gehören sind wir
erst gegen 12:30 an der Grenze. Vorher haben wir unsere letzten
tunesischen Dinare bei einem Geldwechsler an der Strasse, in libysche
Dinare getauscht. Angeblich soll das Devisentauschen in Libyen nicht
so einfach sein.
An der Grenze müssen wir zunächst aus Tunesien ausreisen.
Ich will bestätigt haben, dass ich das Monster wieder
ausgeführt habe. Ein junger tunesischer Zollbeamte bittet mich
freundlich rechts ran zu fahren. Er möchte ins Monster schauen.
Er steigt mit mir ein, schaut in die Schränke und will wissen ob
ich Devisen mitführe. Zufrieden gibt er sich erst, als ich
bestätigte, dass ich wenig Dollar und noch weniger Euro bei mir
habe. Die Besichtigung ist daraufhin schnell beendet, er nimmt unsere
beiden Pässe und verschwindet in ein Büro. Wir warten.
Da nun schon 15 Minuten vergangen sind gehe auch ich in das Büro
um nach unseren Pässen zu schauen. Sie liegen ganz oben auf einem
Stapel neben einem älteren Beamten. Gerade als ich das Büro
vollends betreten will, werde ich von dem jungen Zollbeamten zur Seite
gezogen, er zerrt mich nach draußen und er erklärt mir
freundlich, dass ich die ganze Prozedur mit ein paar Euro
beschleunigen könnte. Zähneknirschend nicke ich mit dem Kopf
und er verschwindet wieder. Nach weiteren 10 Minuten taucht er mit
seinem libyschen Zollkollegen auf und sie inspizieren nochmals unser
Monster, dabei will er sein Bakschisch und ich gebe ihm 10 Euro. Siehe
da, es war zuwenig, er wollte noch etwas für seinen libyschen
Kollegen. Ich reiche ihm 5 US Dollar. Die gibt er mir sofort
zurück "...nur Euro". Ich erkläre ihm glaubhaft,
dass ich nicht mehr Euro habe. Welch Weltschmerz zeigt sich da auf
seinem Gesicht, aber ich bleibe stur. Oh je, wir sind wohl die
einzigsten Touristen heute; wie hart doch das Schicksal zuschlagen
kann, aber er fügte sich seinem Schicksal, verschwand mit den 10
Euro und wir haben unsere Pässe immer noch nicht zurück
bekommen.
Nachdem nun wieder einmal 10 Minuten vergangen sind mache ich mich
auf die Suche nach unseren Pässen. Die hat mittlerweile ein
libyscher Zöllner. Er will nur unser Reparaturhandbuch sehen,
warum ist mir zwar unklar aber er gibt mir die Pässe zurück.
Station 1 ist geschafft, wir sind in Tunesien ausgereist aber noch
lange nicht in Libyen eingereist.
Wie bei der Einreise nach Tunesien, lesen wir erst auf der Grenze
nach, was wir hätten vorher tun sollen. Und so stellen wir fest,
dass wir die grüne Anmeldekarte nicht haben, die man angeblich
von der Botschaft bekommt und die zur Einreise unbedingt benötigt
wird. Mittlerweile ist es 14:00 Uhr und langsam könnte nun unser
künftiger Begleiter auftauchen um uns zu helfen.
Wir werden an der Schlange vorbei gewunken und man zeigt uns wir
sollen rechts parken. An einem von den 5 Schaltern hängt eine
Traube von Tunesiern aber uns kann das ja nicht betreffen, da sind wir
ja schon vorbei. Was tun wir jetzt - ich nehme die Pässe und
suche mir einen Beamten der mir weiter helfen kann. Ihm halte ich die
Pässe unter die Nase - deute in alle Richtungen. Er zuckt mit den
Schultern und schickt mich in Richtung Wellblechhalle. Auf zum
nächsten Beamten mit 2 Streifen. Dieser deutet ich solle um die
Halle herum gehen. Das tue ich aber dort ist nichts. Der nächste
Beamte hat schon 2 Sterne, der schickt mich in die Halle. Die Halle
ist voller Autos, die gerade vom Zoll durchsucht werden, aber das
haben wir ja schon hinter uns - denken wir. Es wird nach einem Beamten
gesucht der Englisch spricht. Es wird auch einer gefunden, nur dass
ich sein Englisch nicht verstehe und ihm es mit meinem Englisch wohl
gleich geht. Er wirft einen Blick in meinen Pass und stellt fest, dass
ich noch keinen Stempel darin habe. Es wird mir mit Händen und
Füssen erklärt, dass ich zuerst einen Stempel im Pass
benötige. Also gehe ich wieder aus der Halle raus und zurück
zum Auto. Die einzige Stelle an der Stempel in den Pass gedrückt
werden, ist der Schalter mit den vielen Tunesiern drum rum.
Wohl oder über begebe ich mich also wieder dorthin zurück
und stelle mich halbherzig vorne an. Ja als Tourist wird man eben
bevorzugt behandelt. Ein grimmig aussehender Beamte nimmt meinen Pass
und ich werde irgend etwas gefragt. Freundlich lächelnd zucke ich
mit den Schultern. Das grüne Einreiseformular haben wir
natürlich immer noch nicht und können auch nicht danach
fragen (arabisch Sprach schweres Sprach). Fast fassungsloses
Kopfschütteln beim Beamten Nummer 2 - zuerst werden alle Tunesier
zurück gewiesen und es wird nur noch der Fall KASO behandelt.
Nach mehrmaligem abschreiben der Passe, eingeben der Daten in den
Computer, weglegen und wieder aufnehmen, werde ich heran gerufen und
etwas gefragt. Als Antwort bekommen sie wieder ein freundliches
Lächeln von mir und ein zucken mit den Schultern. Wir werden nun
in eine grüne Liste eingetragen und bekommen den ersehnten
Stempel. Mittlerweile ist fast eine Stunde vergangen seit unserer
Ausreise aus Tunesien.
Also, zurück zu der Wellblechhalle. Ein Beamter deutet ich solle
mit dem Monster an die Halle fahren - was ich auch tue. In der Halle
wird mir erklärt, dass ich mir dem Monster in die Halle fahren
muss, das gefällt mir weniger, da in der Halle doch sehr
gründlich untersucht wird. Aber ich muss wohl. Und wieder die
Suche nach einem Beamten der Englisch spricht. Nach mehreren
Anläufen, finden wir einen - den Chef der Truppe - der sich mit
Dana auf Französisch unterhalten kann.
Ganz einfach: Geldwechseln, Fahrzeug versichern, Kennzeichen holen,
Fahrzeug abnehmen lassen, Straßenbenutzung bezahlen, weiter
fahren. Geldwechseln und versichern geht wirklich ganz einfach, und
die Kennzeichen bekommt man angeblich in dem Büro hinten links.
Wir gehen in das Büro hinten links und ein wahrhaft malerischer
Anblick ist uns beschieden.
Ein Beamter sitzt hinter seinem Schreibtisch, besser er thront
ebenda, und zählt Geld. Das Bündel, dass er in Händen
hält ist mehr als 15 cm dick. Vor ihm auf dem Tisch ein
klassischer Aktenkoffer, schwarz, offen und mit noch mehr Geld.
Daneben eine riesige Schüssel mit Reis, Kartoffeln und
Hühnchen. Überall auf dem Schreibtisch liegen Essensreste
und Hühnerknochen verteilt. Geschmückt war das ganze
Arrangement mit fettigem Zeitungspapier und leeren Coladosen. Bei
unserem eintreten werden wir sofort gebremst und ein Bursche wird
gerufen der den Saustall aufräumen darf. Er, nicht unähnlich
dem landläufigen Bild von Quasimodo, fegt die gesamten
Essensreste mit der Hand vom Schreibtisch und wischt ihn mit dem
fettigen Zeitungspapier ab. Es wird dadurch nicht wirklich
ansprechender. In der Ecke des Büros, liegen ca. 300
Nummernschilder wild durcheinander. Quasimodo soll nun 2 passende, das
heißt mit gleicher Nummer raussuchen. Damit ist er schlicht und
ergreifend überfordert. Nach dem 40 Versuch entdecke ich zwei die
zusammen passen. Das Ganze kostet dann 110 libysche Dinare (ca. 80
Euro). Laut Reiseagentur müssen wir hier für die Einreise
300 Euro bezahlen - an den Guide der alles organisiert, wenn er da
wäre.
Wir haben nun unsere
grünen Kennzeichen und wir warten auf die nächste Schikane,
aber uns wird versichert wir seinen nun fertig und sollten gehen. Wir
besteigen das Monster und fahren weiter. Nach nur hundert Metern der
nächste Schlagbaum. Ich werde nach dem Carent de Passage gefragt.
Natürlich haben wir eines. Ich krame es raus und bekomme es
ordnungsgemäß abgestempelt ohne zusätzliche Kosten.
Ich bin verwundert. Die nächsten die uns auflauern, sind die
Beamten der Touristenpolizei. Keine Weiterreise ohne Guide. Im Pass
steht handschriftlich, in arabischer Schrift, dass wir von Sari
Travel, einer libyscher Reiseagentur, abgeholt werden sollen. Dieser
Name hat hier an der Grenze einen guten Klang, zumindest hat er
manches möglich gemacht. Wir hatten aber nur eine Rechnung auf
deutsch von dieser Agentur. Diese und unsere Reisepässe werden
kopiert und abgeschrieben und es wird uns erklärt, dass wir einen
Guide benötigen. Die Beamten versuchen bei Sari in Tripolis
anzurufen, aber das Telefon funktioniert nicht. Nach etwa einer Stunde
geben sie auf und sagten wir sollen nach Tripolis zu dieser Agentur
fahren und dort alles klären. Sie bestehen aber darauf unsere
Rechnung von Sari Travel zu behalten - warum auch immer. Wir
können wirklich weiterfahren.
Wir sind eingereist, zu nur etwa einem Drittel der angeblichen
Kosten. Was jetzt? . Ich melde mich per Handy beim Reisebüro in
Deutschland über die wir den Guide gebucht haben, und
erkläre, dass wir nun ohne Guide und ohne Arabisch eingereist
sind, alle Stempel haben, aber wie jetzt weiter? Wir sollen warten, da
wir in wenigen Minuten zurückgerufen werden. Die Reisegruppe KASO
nutzt diese Zwangspause zu einer Stärkung, im Hotel neben der
Grenze. Das Monster steht solange im Halteverbot vor dem Hotel.
Mein Handy klingelt, in Libyen und es ist die Reiseagentur. Wir
wurden erst morgen erwartet, weil morgen der 22. Oktober sei aber
Abdula der Guide ist unterwegs und holt uns ab. Heute ist der 22.
Oktober der Guide hat den Termin verschlafen - Punkt. Abdula, unser
englisch sprechender Guide ist mit seinem Kollegen Kamal in weniger
als 3 Stunden da. Mittlerweile ist des dunkel und wir haben noch ca.
140 km Strecke vor uns, da wir beabsichtigen, in Sabrata an der
Jugendherberge zu übernachten. Wir wollten nicht bei Nacht
fahren, aber das kennen wir ja schon. In halsbrecherischer Fahrt
folgen wir unsrem Guide nach Sabrata. Abdula versichert uns morgen um
9:00 da zu sein.
23. Oktober 2003
9:00 Uhr morgens wir sind geduscht und haben gefrühstückt
und warten auf Abdula. Kein Guide. Da es nun schon fast 11:00 ist
machen wir uns auf, das Immigration Office auf eigene Faust zu suchen.
Zur Ausreise aus Libyen benötigen wir dringend einen Stempel von
der entsprechenden Behörde. Unterwegs läuft uns Abdula
über den Weg. Auf unsere Frage was passiert sei antwortet er in
der folgenden sympathischen Reihenfolge: Sein Freund Kamal, hatte
gestern abend noch einen Unfall mit Abdulas Wagen. Kamal ist
"Gott sei Dank" nichts passiert". Leider ist das Auto
kaputt.
Das Immigration Office hat natürlich zu - deshalb besichtigen
wir die Römerruinen von Sabrata.
Kein Vergleich mit
Karthago. Da die römische Stadt fast 2000 Jahre mit Sand bedeckt
war ist sie sehr gut erhalten. Vor allem das Theater mit seinen
Säulenkulissen ist beeindruckend. Im Vergleich zu den
Römerresten bei uns, z.B. Rottenburg a.N. oder Stein bei
Hechingen, wird man förmlich von der Vielzahl der Säulen und
Mosaiken die hier noch zu sehen sind erschlagen. Vor allem die
Qualität nach fast 2000 Jahren. Man konnte sich in den Gassen von
Sabrata wirklich vorstellen, wie das Leben in dieser Stadt war, wie
Handel und Kunst geblüht haben.
Nach 3 Stunden
Besichtigung geht es weiter. Wir wollen nach Leptis Magna. Dort auf
dem Parkplatz der Römerruinen ist die einzige offizielle Camping
Möglichkeit in ganz Libyen. Unser Guide Abdula erklärt uns
nun, dass er nur bis Tripolis mitfährt und dort der
"richtige Guide" (???) zusteigt, der die ganze Zeit bei uns
bleibt.
So steigt Kamal bei uns ein. Merke auf - genau ebendieser Kamal der
oben schon erwähnt wurde. Er ist echt nett, ein bisschen nervig
ist nur sein Handy, von dem er keine Minute lassen kann. Etwas
nachteilig empfinden wir auch die Tatsache, dass er nur arabisch
spricht, vor allem mit seinem Handy! Libyen hat ein eigenes
Mobilfunknetz in dem alle anderen Handys - sprich unsere - nicht
funktionieren. Die Qualität ist furchtbar schlecht, aber trotzdem
wird ständig telefoniert.
Wir fahren weiter nach Leptis Magna und stellen fest, dass Campen
dort möglich ist, nur stehen wir direkt neben einer stark
befahrenen Strasse. Und hier sollen wir nun 2 Tage bleiben - sind wir
verrückt. Morgen noch mal Ruinen kucken und am Tag darauf Stempel
organisieren und weiter. Libyen ist eben ein reines Durchgangsland
für uns.
24. Oktober 2003 Leptis Magna
Man muss nicht wirklich Kunst und Kultur interessiert sein um hier in
Begeisterungsstürme zu verfallen. Es ist erschlagend wie viel von
dieser Stadt - die die drittgrößte Stadt des römischen
Reiches war, noch erhalten ist. Vor allem der Luxus der Badeanstalten
ist beeindruckend. Noch heute sind ganze Hallen und Bäder mit
Marmor ausgekleidet. Sogar die Gemeinschaftstoilette der Römer,
die es uns besonders angetan hat, ist aus Marmor. (Über diese
Sitte hatten wir uns schon in Rottenburg, wo ähnliches zu sehen
ist, mokiert). Aber auch Theater, Markt, neues Forum und Basilika
zeugen von einer Hochkultur und Prunk, der jetzt 2000 Jahre
später, noch zu beeindrucken vermag. Auf dem Markt sind sogar die
Verkaufstheken, der Metzger und Fischverkäufer aus Marmor. Das
ist wirklich wert bestaunt zu werden. Rom würde sich die Finger
nach solchen Leckerbissen lecken und das alles ohne Touristenmassen.
Wir waren fast allein auf dem weitläufigen Gelände einer
Großstadt des Altertums.
Al Khoms, die "moderne" Stadt nebenan ist dem
gegenüber nicht gerade überwältigend. Hier müssen
wir morgen unseren grünen Stempel holen. Deshalb werden wir wohl
noch eine Nacht an der Strasse auf dem Parkplatz von Leptis Magna
verbringen müssen.
Wenn wir sowieso nichts besseres zu tun haben, wollen wir uns heute
Abend etwas gutes tun und beschließen mit Kamal in Al Khoms
essen zu gehen. Mit dem Minibus geht's in die Stadt und Kamal soll
uns ein Restaurant zeigen. Aber irgendwie können wir uns nicht
richtig verständlich machen. Al Khoms ist wirklich keine
touristische Hochburg - unsere Reisegruppe war wohl die erste seit
Jahren, die sich nach Al Khoms vor wagt, entsprechend karg ist die
Infrastruktur. Kamal musste zuerst seine Kollegen Abdula anrufen und
reicht mir das Handy damit ich Abdula erkläre was wir wollen.
Aber Abdula hat mich auch nicht verstanden. Also ruft Kamal seinen
Manager an, der spricht deutsch, jetzt nach einer Stunde rumrennen in
Khoms weiß unser Führer wohin er uns zu führen hat -
in ein Restaurant. Leider gibt es keines, nur libysche Schnellimbisse
- auch gut.
Es ist uns
schon auf der Fahrt hierher aufgefallen, Al Gadaffi ist
allgegenwärtig, ebenso die Farbe Grün. Libyen ist, wie
scheinbar alle sozialistischen Länder, eher trist und farblos.
Die einzigen Farbkleckse sind grüne Wimpel und das Bildnis von Al
Gadaffi. Al Gadaffi im Zentrum von Afrika, Al Gadaffi bei Arbeitern,
All Gadaffi beim "Man Made River Project" ein Projekt zur
Urbarmachung der Wüste, Al Gadaffi ist überall. Ich komme
nicht umhin auch mir eine deutsche Ausgabe von "Das Grüne
Buch" von Muamaar Al Gadaffi zu kaufen, weil "...das
Grüne Buch...zeigt die wahre Interpretation der Geschichte, die
Lösung des Kampfes im Leben und die Lösung des Problems
zwischen Mann und Frau, zu dem bisher noch kein Schlüssel
gefunden worden ist.". Vielleicht hat unsere Einreise ohne
grünes Formular nur deshalb funktioniert, weil wir unsere
Unterlagen zufällig in einem grünen Ordner hatten. Mir
schien die Grenzer, in grüner Uniform, warfen mehrmals
anerkennende Blicke darauf.
25. Oktober 2003
Wir holen nur kurz den Stempel beim Immigration Office und dann geht
es weiter. Das "NUR" dauert 3 Stunden. Zuerst muss ein
Formular gekauft werde, das es nur auf arabisch gibt und das muss auch
noch arabisch ausgefüllt werde. Hier lohnt es sich einen
libyschen Guide zu haben. Dann das ganze zurückbringen und
kopieren, irgendwelche Gebührenmarken kaufen und aufs Amt bringen
und warten, warten, warten. Kamal wartet für uns und wir gehen in
der Zwischenzeit ins Internetcafe. Kurz nach Mittag haben wir dann
unsere Pässe wieder mit dem begehrten Dreiecksstempel. Endlich
geht es weiter.
Die Reisegruppe hat beschlossen nicht der Küstenstrasse zu
folgen, sondern einen Abstecher zum Rand der Sahara zu machen. Das
dauert zwar einen Tag länger aber wir haben kein Bock mehr auf
die belebte Küstenregion und wollen wenigstens zum
Übernachten etwas Ruhe. Auch wollen wir ein bisschen vom Land
sehen, und den Einreisestress dadurch kompensieren.
Die Route wird uns in einem Bogen nach Süden bis zur Oase
Waddan, dann nach Westen zur Oase Zilla und zurück ans Meer
führen.
Bei
Abugrin biegen wir von der Küstenstrasse ab und fahren nach
Süden. Schnell wird die Landschaft sehr langweilig. Da es um
17:00 Uhr schon Nacht wird, suchen wir schon bald ein passendes
Nachtlager. Unweit eines ehemals italienischen Forts Fortina
Capitano di Mondato finden wir einen geeigneten Platz. Unsere
erste Nacht ohne Campingplatz!
26. Oktober 2003
Die Nacht
war ruhig - sehr ruhig und niemand hat etwas von uns gewollt. Wir
fahren weiter und streifen den Ksar Waddan und die Oase Zilla. Waddan
ist eine der wasserreichsten Oasen der Gegend. Sie ist schon seit
Jahrhunderten ein Karawanenumschlagplatz. Die Datteln aus Waddan
gelten als die besten von ganz Libyen. Trotz Ramadan kauft Kamal eine
Riesenpackung Datteln für uns und sie sind wirklich sehr gut.
Nach kurzer Besichtigung der alten Festungsanlagen, außer uns
interessiert sich sowieso niemand dafür, geht es weiter.
Als Übernachtungsplatz suchen wir uns heute abend einen
traumhaften Platz in einem Miniatur Monument Valley. Die Landschaft
ist beeindruckend schön. Wir stehen bei einem Tafelberg der nur
für uns da ist. Außer der Reisegruppe KASO ist niemand
hier. Nur von fern sieht man die Strasse, aber es fährt nur jede
Stunde ein Auto und auch das lässt nach.
Heute hat der Ramadan begonnen. Fastenzeit für alle
gläubigen Moslems. Irgendwie schläft das öffentliche
Leben dabei wohl ganz ein. In Waddan hat man schon eine gewisse
Gereiztheit bei den Einwohnern feststellen können. Das kann
sicherlich jeder nachvollziehen der einmal versucht hat eine Diät
durchzustehen. Auch Kamal hält sich an den Ramadan. Von
Sonnenaufgang bis zum Untergang isst und trinkt er nichts. Hat er sich
bisher hin und wieder zu Wort gemeldet, dämmert er jetzt nur so
halblebig auf dem Rücksitzt dahin.
27. Oktober 2003
Nach
einer erfrischenden Outdoor Dusche und einem Frühstück mit
grandiosem Panorama geht es weiter Richtung Norden. Heute liegt eine
anspruchsvolle Strecke vor uns. Und sie ist wirklich grausam. Ehemals
war es Teer, jetzt ist es Loch an Loch, scharfkantig und
böswillig. Daneben verläuft eine Piste im Sand. Wir
versuchen die Sandpiste und erkennen nach etwa einem Meter, das
Monster taugt nix für Sandpisten. Mit Hilfe von Allrad und
Differentialsperre kommen wir wieder aus dem Sand raus. Da haben wir
ja noch mal Glück gehabt und mussten die zusätzlichen Joker,
Sandbleche, Schaufeln und Muskelkraft, noch nicht einsetzen. Also
weiter auf der "Strasse". Wir quälen uns Kilometer um
Kilometer. Wie Hohn stehen Straßenschilder mit
Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbot am Rande der
Piste. Hier die nicht unberechtigte Frage: Wie schnell fliegen
eigentlich Fliegen? Ich jag sie raus, sie holen uns ein und sie
setzten sich immer wieder auf meine Nase. Mittlerweile fahren wir
durch Steinwüste und können die Schotterpiste nehmen, was
wenigstens etwas angenehmer ist.
Von der
ehemaligen Teerstrasse ist jetzt gar nichts mehr vorhanden. Wir wollen
es uns gar nicht vorstellen wie es im Aufbau aussieht. Plötzlich
ein Surren in der Luft. Anhalten und Schauen was passiert ist. Ein
Spanner vom Aufbau ist gerissen. Die Teile liegen im Sand und
können repariert werden. Im Aufbau sieht es aus wie nach einer
Schlacht. Ein Schrank mit Lebensmitteln ist aufgesprungen und hat sich
über den Boden ergossen. Der Spiegelschänkchen im Bad meinte
von der Wand springen zu müssen - es lebt noch. Alles in allem
keine große Havarie, kurz aufgeräumt und weiter. 4,5
Stunden für 72 Kilometer und mit den Nerven vollkommen am Ende
aber um einige Erfahrungen reicher. Wir suchen bei einsetzender
Dämmerung bei der nächsten Palme ein beinahe romantische
Plätzchen für die Nacht. Abgerundet wird dieses pitoresque
Bild eines Wüstencamps, durch den Schein unzähliger
Flamenzungen gasabfackelnder Ölfelder - der Reichtum Libyens.
28. Oktober 2003
Noch rund 800 Kilometer bis zur Grenze. Fahren, fahren, fahren es
gilt heute nur möglichst schnell Richtung Osten zu kommen. Die
Landschaft ist stinklangweilig. Steinig, grau, topfeben und nur hin
und wieder biegt eine Piste ab. Links und rechts der Strasse liegen
Arrangements von kaputten Autoreifen und Kamelkadavern. Wird hier in
Libyen ein Tier angefahren, so wird es einfach aus dem Weg
geräumt und bleibt liegen, wie der ganze andere Müll.
Müll ist hier wirklich ein Problem - das keiner zur Kenntnis
nimmt. Jede Stadt kündigt sich schon lange vorher durch
Müllansammlungen links und rechts der Strasse an. In Windrichtung
sind dann kilometerweit die Flächen rings umher mit zerrissenen
Plastiktüten bedeckt. Der Wind hat im Laufe der Zeit ein
gleichmäßiges, flächendeckendes Muster aus Müll
geschaffen. Tankstellen versinken in einem Chaos aus Öldosen,
Kanistern und Sümpfen aus Benzin und Diesel. Wird eine Dose
geleert, so wirft man die leere Dose einfach hinter die Tankstelle.
Diese Orte haben sich zu richtigen Mülldeponien entwickelt. Geht
ein Reifen kaputt, so wird er genau an der Stelle liegen gelassen an
der ihn das zeitliche segnete und bleibt Jahre liegen. Mit diesen
Eindrücken verlassen wir Ajabiya und machen uns auf den Weg
Richtung Osten. Schnurgerade verläuft die Strasse Kilometer um
Kilometer, monoton und grau.
Bei einer
Sandgrube, ja eine Sandgrube mitten in der Wüste, fahren wir 3
Kilometer rechtwinklig von der Strasse ab und übernachten
eigentlich im nichts.
29. Oktober 2003
Unser letzter Tag in Libyen. Es sind nur noch 200 Kilometer bis nach
Amsaad, dort ist die Grenze zu Ägypten. 20 Kilometer vor der
Grenze werden alle Behältnisse mit libyschem Diesel
aufgefüllt. Bei ca. 8 Cent pro Liter macht das Tanken wirklich
Spaß.
Kamal hat sich seit Ramadan ist, einen eigenen Rhythmus
angewöhnt. Er schläft bei Nacht 12 und am Tag 13 Stunden. Da
auf der Wüstenestrecke kein Empfang mit dem Handy möglich
war kann er auch nicht mehr telefonieren. Hin und wieder steht ein
Polizist auf verlorenem Posten an einer Kontrollstelle. Jetzt hat auch
Kamal seine Daseinsberechtigung als Reisebegleiter: Aussteigen, Kopie
von irgendetwas abgeben, Smalltalk und weiter. Den Umgang mit den
Behörden hat er wirklich drauf. Er führt uns auch problemlos
und unbürokratisch durch den libyschen Zoll und hin bis zum
Schlagbaum der ägyptischen Grenze. Hier verlässt uns Kamal,
wir hätten es wirklich schlimmer treffen können, er war echt
in Ordnung.
Unser allgemeiner Eindruck von Libyen: Die Frauen sind unsichtbar und
es gibt keine Restaurants. Das Land besitzt großartige
Altertümer und kaum Touristen die diese bewundern. Im Vergleich
zu Tunesien wirken die Städte wie mit einem grauem Schleier
überzogen und zugemüllt. Sobald man sich von ihnen und der
Küste entfernt öffnet sich die Weite der Wüste mit
ihren faszinierenden Landschaften und Erosionsformen. Würde der
libysche Staat das Reisen im Land nicht gar so erschweren, kämen
wir gerne noch einmal her.
So und nun beginnt die Einreise nach Ägypten, aber das ist eine
andere Geschichte.
Hier noch ein paar Impressionen aus Libyen
Sabrata
Leptis Magna
...unterwegs
KASO-Tour |