Äthiopien
Regenschirme, Klöster
und viel Landschaft
Natürlich sind wir in Khartoum mal wieder nicht fertig geworden
und viel zu spät weitergefahren. Einkaufen und Internet, den
Reisebericht ablegen und natürlich die Weihnachtspost verschicken
hat seine Zeit gekostete. Aber nun sind wir auf dem Weg nach
Äthiopien. Die Asphaltstrasse haben wir hinter uns gelassen und
mit unglaublichen 30 km/h rasen wir Richtung Grenze. Langsam
verändern sich Landschaft und Dörfer. Aus den rechteckigen
Lehmhäusern mit Flachdach sind nun Rundhütten mit Spitzdach
geworden. Es ist den Hütten anzusehen, dass sie auch Regen
aushalten müssen. Im gleichen Masse wird auch die Landschaft
grüner und vegetationsreicher.
Die letzte Nacht hatten
wir zum ersten Mal etwas Schwierigkeiten einen Lagerplatz zu finden.
Vom ersten Platz den wir uns ausgesuchten wurden wir verjagt.
Vermutlich hatte die Familie Angst vor uns. Leider mussten wir deshalb
im Dunkeln eine neue Übernachtungsstätte suchen. Die
Dörfer haben keinen Strom und deshalb auch kaum Licht. Dass wir
direkt neben einem Dorf mit 30 Rundhütten übernachtet haben,
bemerkten wir erst heute morgen. Aber wir blieben unbehelligt und
haben gut geschlafen.
Am Horizont kann man die ersten Gebirge erkennen. Unser erstes Ziel in
Äthiopien liegt auf 2100 m und wir sind noch weit unter 700m.
Nach 5 Stunden Gewackel und Gerüttel erreichen wir die Grenzstadt
Gallabat. Die Bezeichnung Stadt ist stark übertrieben. Es gibt
nur ein gemauertes Haus, eine handvoll Hütten, einen Bach, einen
kleinen Markt und eine Flagge. Auf der anderen Seite des Baches liegt
Äthiopien.
War die Einreise ein
tagfüllendes Programm, so ist die Ausreise aus dem Sudan in einer
Minute erledigt. Ohne wenn und aber bekommen wir unseren Stempel ins
Carnet und sind fertig. Keiner will Papiere, Handys oder gar das Auto
sehen. Unsere letzten Dinare geben wir für Brot und Wasser aus
und fahren über die Brücke nach Metema, Äthiopien. Hier
müssen wir zuerst zum Immigration Office. Der Officer mit
properem Namensschild bittet uns in sein Büro, das in einer
Rundhütte aus Stroh untergebracht ist. Die Werbung für Bier
und Kondome fällt sofort ins Auge. Beides gab es im strengen
Sudan natürlich nicht, schon gar nicht in einem offiziellen
Büro.
Äthiopien ist anders. Dies wird uns insbesondere bewusst, als wir
ein Umfrageformular vorgelegt bekommen, in dem wir angeben sollen, wie
wir mit dem Service der hiesigen Behörden zufrieden sind. Wir
hätten ja vieles hier erwartet, aber das nun nicht. Vor allem wir
haben ja eigentlich noch keinen Service genossen. Wir füllen es
wohlwollend aus und werden entlassen. So - wir sind in Äthiopien
und haben kein Geld. Eine Bank gibt es erst in Gondar, aber das sind
noch 250 km Piste und es ist schon Spätnachmittag.
Unterwegs haben wir von anderen Reisenden vieles und nicht nur gutes
über Äthiopien gehört: Man sei nie alleine, nie
ungestört, überall werde man entdeckt und sofort stehen
einige Einheimische rum, die nicht wegzubewegen sind. Auch hörten
wir öfters, von "der Politik der offenen Hand" -
betteln ist ein Volkssport. So komisch es klingen mag, genau diesen
Eindruck hatten wir sofort nach der Überquerung des Grenzflusses.
Im Sudan sind die Leute zurückhaltend, hier eher aufdringlich und
es beginnt wirklich am Schlagbaum. Trotzdem müssen wir einen
Platz für die Nacht suchen. Bis zur nächsten Stadt ist es zu
weit.
Wir schlagen uns außerhalb des Grenzdorfes in die Büsche.
In einer ausgedienten Steingrube und Resten einer Baustelle bleibt
sogar das Monster verborgen. Zum ersten mal, haben wir einen
Lagerplatz in einem Art Wald. Die Nacht ist erfüllt von
ungewöhnlichen Geräuschen. Wir sind in Afrika!
17. Dezember 2003 - Bergauf
Die Nacht war ereignislos und ruhig. Wir machen uns auf nach Wagna.
Schon im ersten Dorf werden wir mit dem Ruf "YOU,YOU YOU ....
" begrüßt. Kinder rennen fordernd neben dem Monster
her. Aber so fordernd sie auch sind, ebenso freundlich scheinen sie,
wenn sie uns zuwinken. Man kommt hier aus dem Winken gar nicht raus.
Alles winkt den Touristen zu, jung und alt, Mann und Frau. Als Tourist
ist man ist hier etwas Besonderes. Wir haben auch von Steine werfenden
Kinder gehört. Um dem vorzubeugen und unsere Scheiben zu
schützen winken wir immer schon profiltaktisch. Wer winkt, hat
weniger Zeit zu werfen.
In Wagna müssen wir unser Fahrzeug beim Zoll vorführen und
das Carnet abstempeln lassen. Diese Prozedur ist etwas
umständlicher, denn es geht auch hier nicht ohne 4 verschiedene
Formulare, aber nach 30 Minuten sind wir fertig. Die Gebühr von 1
US $, wird natürlich von uns bar beglichen (grins).
Frohgelaunt geht es
weiter. Die Piste ist wesentlich besser als auf der sudanesischer
Seite. Mit über 40 Sachen fliegen wir den Bergen entgegen. Die
Berge beginnen gleich hinter der Grenze, stetig geht es bergauf.
Manchmal in Serpentinen oft in langen Geraden die sich an einen
endlosen Berg schmiegen. Nach einer besonders Steilen Kurve sehen wir
zwei alte Bekannte am Straßenrand. Corinne und Francois sind
für ein Jahr mit dem Fahrrad in Afrika und Asien unterwegs. Und
auch sie haben eine eigene Reisehomepage avloa2 . Wir haben die beiden schon in
Ägypten in der Oase Bahariya kennen gelernt. Nach einem freudigen
Hallo fragen wir sie ob sie mit genommen werden wollen. Sie haben
heute in mehreren Stunden nur 7 km geschafft. Auch ihr Ziel ist
Gondar, denn auch sie sind mit Mark und Jo für Weihnachten
verabredet.
Gedacht hatten wir uns: Das Gepäck und die beiden kommen vorne
rein und die Fahrräder sollen hinten in die Kabine - aber die
Kabine geht nicht auf. Wirklich die Kabine geht nicht auf! Wir haben
eine zusätzliche Verriegelung der Kabinentür von innen.
Diese Verriegelung kann gesperrt werden, damit sie sich nicht selbst
verriegelt, aber genau das haben wir heute morgen vergessen. Und nach
Murphies Law geschieht alles Unglück was denkbar ist. So stehen
wir jetzt vor einer von innen verschlossen Kabine. Für Corinne und Francois bedeutet
das, dass sie weiter strampeln müssen, und für uns, dass wir
eine Idee brauchen. Wir fühlen uns richtig mies, weil wir die
beiden nun doch auf der Strecke lassen müssen. Wir fahren weiter
und hoffen: was sich selber zugerüttelt hat, könnte sich ja
auch wieder aufrütteln. Aber keine Chance - sie geht nicht auf.
Nach weiteren 30 Minuten meldet sich unser Kühler. Dem Monster
ist es zu heiß geworden. Wir sind nun auf 1500 m und haben noch
800 Höhenmeter vor uns. Nach einer halbstündigen
Abkühlpause geht es weiter aber wieder nur 20 km dann kocht es
schon wieder. Wieder abkühlen, wieder warten, wieder weiter und
nach wenigen Minuten das gleiche Ergebnis. Die Situation ist ziemlich
verfahren. Wir haben kein Geld, alles essbare ist in der Kabine, aber
die ist von innen verriegelt, wir kommen nur immer 15 km weiter bevor
es Monster wieder zu heiß ist und es wird langsam Abend. Dana
richtet sich auf eine unbequeme Nacht in Führerhaus vom Monster
ein. Eigentlich wollten wir die Schrauben der Verriegelung aufbohren,
aber dazu müssten wir Gondar erreichen. Mir reicht es nun. Mit
einer Axt und einem großen Hammer rücke ich den Schrauben
der Verriegelung zuleibe. Nach dem ich mit roher Gewalt fünf von
sechs Schraubenköpfen gesprengt habe, entriegelt sich die
Tür durch die Erschütterung. Typisch! Weiter geht es zum
nächsten Dorf. Dort sind wir sofort von 50 Menschen umringt und
belagert. Ich versuche 10 US Dollar zu tauschen. Skeptisch wird der
Schein betastet und begutachtet, bis jemand bereit ist ihn gegen
äthiopische Birr einzutauschen. Hurra wir können Brot und
Wasser kaufen - und siehe da auch das Monster wird nicht mehr
heiß - wir schaffen es auf einen Rutsch nach Gondar. Mit
Einbruch der Dunkelheit kommen wir an und genehmigen uns mehrere
Daschen Biere, die wir uns redlich verdient haben.
18. Dezember 2003 - nach Bahir Dar
Da wir uns in vier Tagen mit unseren Freunden in Gondar treffen
wollen, haben wir noch Zeit um nach Bahir Dar an den Lake Tana zu
fahren. Von dort aus wollen wir vor allem die Blue Nil
Wasserfälle besuchen. Sie sind die zweit größten
Wasserfälle Afrikas und eine der Hauptattraktionen
Äthiopiens. Es sind nur 183 km dahin, also lassen wir uns Zeit
und machen uns erst am Nachmittag auf den Weg. Die Teerstrasse endet
nach 15 km und es folgt Piste - aber was für eine. Fast die
gesamte Route ist im Bau und wir müssen uns mit der Servicepiste
neben der Straße begnügen. Zumeist kommen wir nur im
Schritttempo voran. Wir benötigen für die 183 Km über 7
Stunden. 3 Stunden nach Sonnenuntergang kommen wir an. Dafür
werden wir mit einem wunderschönen Campingplatz direkt am See
belohnt. Romantischer kann man nicht campen.
19 Dezember 2003 - mit dem Fahrrad um die Welt
Neben unsrem Monster
steht ein winziges Ein-Mannzelt und ein Fahrrad, es gehört
Michael aus Landau. Er befindet sich auf dem Rückweg nach
Deutschland. Als wir hören, dass er schon 2 Jahre und 9 Monate
unterwegs ist und mittlerweile 42 000 km mit dem Fahrrad
zurückgelegt hat, staunen wir nicht schlecht. Auf dem Landweg
nach Indien weiter über Thailand, Malaysia durch Australien und
Neuseeland und nun von Süden durch Afrika nach Hause in die
Pfalz. Das ist wirklich etwas anderes als im Monster über die
Unbequemlichkeit zu fluchen.
20. Dezember 2003 - Die Klöster
Eine Hauptsehenswürdigkeit am Lake Tana sind die Klöster auf
den Inseln. Manche Inseln sind nur für männliche Lebewesen
zugänglich. Bei einer Inseln ist die Regel sogar so streng, dass
sich weibliche Lebewesen der Insel nicht einmal nähern
dürfen. Jan aus der Tschechei hat eine illustre Ausflugsgruppe
zusammengestellt, so dass wir die Kosten des Bootes durch 7 Personen
teilen können. Morgens um 7:00 Uhr geht es los zur Insel Daga in
der Mitte des Sees. Dreieinhalb Stunden benötigt das Boot. Das
Kloster auf der Insel ist rund und versteckt in einem paradiesischen
Wald. Es ist für seine Wandbilder berühmt. Viele Geschichten
und Mythen ranken sich zum diese Klöster. So soll in einem der
Klöster die Bundeslade mit den 10 Geboten, die Moses erhalten
hat, versteckt sein.
Im Kloster Uhra Kidane Mehret, das wir als nächstes besuchen,
soll der Hufabdruck des Heiligen St.Georg in der Mauer zu sehen sein.
So hat jedes der Klöster eine eigene Geschichte. Beeindruckt sind
wir vor allem von der sehr realistischen Illustration des
Menschenfressers Belay und des Teufels. Interessanterweise kennen wir
viele der Mythen (wenigstens in etwa) - ohne sie je mit Äthiopien
in Verbindung gebracht zu haben.
Den ganzen Tag verbringen wir auf dem See und auch ein Kloster das nur
für Männer geöffnet ist besuchen wir. Auf die Frage wie
sie sicherstellen, dass nur männliche Tiere auf der Insel sind,
wird uns erklärt, dass diese Regel nur für Nutztiere gilt
und nicht für Vögel und der gleichen. Nach 5 Klöstern
und mehr als 11 Stunden mit einem winzigen Motorboot unterwegs ist
unser kulturelles Interesse etwas erlahmt.
Mit von der Partie bei diesem Ausflug ist Lukas. Er arbeitete für
ein paar Monate im Krankenhaus in Gondar als Arzt und bestätigt
in vielerlei Hinsicht unsere Meinung von Äthiopien. Reisen in
Äthiopien ist in mehrfacher Weise etwas anstrengender als in
anderen Ländern. Überall wo Menschen sind wir man mit dem
Schrei: "YOU YOU YOU...", "give money", oder
"give pen " begleitet. Das Wort "Bitte" ist hier
anscheinend unbekannt. Fährt man langsam durch ein Dorf so laufen
die Kinder neben dem Auto her und betteln. Wir sahen Touristen mit dem
Fahrrad, die fast immer von rennenden Kindern begleitet werden. Auch
die Erwachsenen strecken sofort die offene Hand entgegen sobald sie
erkennen, dass wir Weiße sind. Fast jeder gibt uns an der
Strasse Zeichen wir sollen anhalten und fordern Hosen, T-Shirts und
Geld. Selbst Patienten und Ärztekollegen von Lukas schrecken in
der Klinik nicht davor zurück ihn anzubetteln. Natürlich ist
Äthiopien eines der ärmsten Länder der Welt, aber wir
sind durch den Sudan gefahren, der auch in diese Riege gehört und
trotzdem sind die Menschen dort sehr zurückhaltend.
Seltsamerweise haben wir andererseits den Eindruck durch eine
blühenden Garten Eden zu fahren. Überall sieht man Felder
und Landwirtschaft, im Süden gibt es üppige Plantagen, auf
den Weiden vergnügen sich Rinderherden. Die Spuren von
Hilfsorganisationen sind überall zu erkennen. Fast jedes Dorf
wird durch eine der uns bekannten Organisationen unterstützt.
Deshalb muss hier in diesem schönen Land noch irgendetwas anders
im Argen liegen.
21. Dezember 2003 - Die Wasserfalle des blauen Nils
Mit dem Bus fahren wir
zu den Blauen Nil Wasserfällen. Vor ein paar Wochen schon hat mir
Mark erzählt, dass die Wasserfälle in Äthiopien
ausgetrocknet sein sollen, aber das glaubten wir natürlich
genauso wenig wie die Geschichte mit der Spinne in der Yukkapalme ...
erzähl du nur. Nun stehen wir vor den Wasserfällen und
stellen fest, er hatte recht. Nix mit rauschendem Wasserfall, sondern
nur ein spärlicher Rest von Wasser. Auf dem kleinen Bild (das
nicht von uns stammt) kann man erkennen wie es sein soll und auf dem
großen, was wir sahen.
Oberhalb der
Wasserfälle wurde ein neues Elektrizitätswerk gebaut, das
alles Wasser staut und durch die Turbinen an den Kaskaden vorbei
leitet. Die Wasserfälle wurden als natürliches Staustufe
verwendet. Das ist natürlich für die Wirtschaft des Landes
günstig, für uns Touristen etwas schade.
Trotzdem machen wir uns
auf zu einer Wanderung rund um die "ehemaligen"
Wasserfälle. Begleitet werden wir von mehreren Kindern und
Jugendlichen, die zum einen vorgeben unsere Guides (Führer) zu
sein, andere hingegen tragen seit Stunden lauwarme Colaflaschen mit
sich herum, die sie bei jeder Rast an uns verkaufen wollen.
Zurück zum Dorf gelangt man mit einem Boot über den Nil.
Dana wollte eigentlich mit einem der dort gebräuchlichen Papyrus
Boot übersetzten, was aber in Anbetracht der Gerüchte um
Krokodile doch nicht verlässlich genug erschien.
22. Dezember 2003 - Zurück nach Gondar
Wir fahren zurück nach Gondar, da wir dort mit Marc, Jo, Luc,
Francois und Corinne verabredet sind. Wir treffen uns heute zum
Abendessen um unsere Weihnachtspläne zu erörtern. Da wir die
"bescheidene" Strecke nun schon kennen, machen wir uns etwas
früher auf den Weg. Auch für Radfahrer ist die Strecke nicht
gerade angenehm (man muss 2x von 1800 m auf 2400m und wieder runter).
Michael entscheidet sich unser Angebot anzunehmen und auch mit
KASO-Tour zu reisen (Monster - Travel). Die Strecke nagt an den
Reifen. Nachdem wir sie zweimal gefahren sind, sehen die Pneus aus als
wären sie von Mäusen oder größerem Getier
angenagt. Fetzen von 5x5 cm hängen weg. Das Profil hat Risse bis
ins Stahlgeflecht. Das halten sie keine 2000 km durch. So etwas habe
ich noch nicht gesehen. Auch die ausgedienten Panzer entlang der
Strecke sehen wir heute erstmalig. Auf der Hinfahrt hat sie die
Dunkelheit verborgen.
Unsere Weihnachtsgruppe wird immer größer. Außer den
uns bekannten Freunden kommt auch noch Daryl aus Süd Afrika mit
in die Berge. Er ist mit dem Motorrad von England auf dem Weg nach
Hause. Weiterhin hat Mark einen jungen Mann aus Gondar kennen gelernt.
Mabrato und seine Schwester Gisie wollen mit uns in die Simiens fahren
und für uns äthiopisch kochen. Der Simiens Mountain
Nationalpark umfasst eine Hochgebirgsregion mit dem höchsten Berg
Äthiopiens, dem Ras Daschen (4620 m). Der Nationalpark selbst
liegt auf ca. 3300m. Da sich mehr als die Hälfte Äthiopiens
auf über 1800 m befindet wird Äthiopien selbst und speziell
dieser Nationalpark das "Dach Afrikas" genannt. In einem der
Camps wollen wir Weihnachten feiern. Für Äthiopier ist
dieses Datum kein besonderes, weil sie feiern Weihnachten erst am 7
Januar und das neue Jahr beginnt für sie im September.
Übrigens leben die Äthiopier im Jahr 1996. Das Jahr hat 13
Monate und um 6 Uhr morgens ist nach äthiopischer Zeit 0 Uhr.
Eben alles ein bisschen verdreht.
23. Dezember 2003
In Gondar gibt es einen kleinen Supermarkt der auch etliche Artikel
aus Europa führt, wie Käse, Schokolade und
Nuss-Nougat-Cream. Über diesen Supermarkt fallen wir her und
begründen das "Ras Daschen - Supermarkt Syndrom" das
laut Jo wie folgt funktioniert. "What's that? Oh good! How
much? OK we take ten!" Ja wir müssen ja auch für 10
Leute und 7 Tage einkaufen. Für den Ladenbesitzer war am 23.
Dezember Weihnachtsbescherung. Wir machen uns als erste auf den Weg in
die Berge, weil wir die langsamsten sind. Wir wollen es heute noch bis
Debark schaffen. Dort befindet sich das Parkbüro und der Abzweig
in den Park.
Debark liegt schon auf
fast 3000 m und das Monster hatte bei manchem Anstieg doch ganz
schön zu schnaufen. Da wir aber nun die Eigenwilligkeiten kennen,
wissen wir wie wir fahren müssen. Manchmal können wir halt
nur mit dem 1. Gang weiter und kriechen wie eine Schnecke den Berg
hoch. Aber das Monster meistert so fast jeden Berg ohne zu
überhitzen. Für uns ist die Bergfahrt einfach eine Funktion
von Steigung, Temperatur und Zeit geworden.
Kurz vor der Dämmerung kommen wir in Debark an. Wir haben keine
Lust uns irgendwo zu verstecken und fragen, ob wir im Innenhof vom
Park Hotel (hä hä) übernachten können. Wir
können. Das Monster ragt über das Hoteldach hinaus und im
Innenhof kann man kaum gehen, da auch noch 2 Busse dort stehen. Kaum
zu glauben, kurz nachdem wir angekommen sind trifft ein Bus voll
besetzt mit griechischen Touristen ein. Sie belegen alle Hotelbetten.
Park Hotel ist ein sehr geschmeichelter Name, bei Monopoly währe
das Park Hotel eher in der Region Badstrasse.
Spät Abends kommen Luc und Daryl an. Gezwungenermaßen
übernachtet Daryl zum ersten mal im Hotel Monster auf unsrem
Gästebett in der Fahrerkabine. Luc kann ja wieder Hotel Brian
nutzen.
24. Dezember 2003 - Heilig Abend.
Nach längere
Diskussion im Park Office ist geklärt, wie lange wir im Park
bleiben. Wir müssen auch noch zwei bewaffnete Scouts mitnehmen.
Es ist zwar nicht klar ob sie uns vor Mensch oder Tier beschützen
sollen aber sie müssen mit und wir müssen bezahlen. Da
niemand mehr Platz im Auto hat, kommen die beiden ins Monster. Uns ist
etwas unwohl bei den komischen Schiessprügeln die wir nun im Auto
spazieren fahren. Wir weisen auch ausdrücklich darauf hin, dass
wir nicht direkt vor den Mündung der Gewehrläufe sitzen
wollen. Man weiß ja nie bei den alten Dingern. Bevor wir
entgültig los können kaufen wir auf dem Markt von Debark ein
Schaf und ein paar Hühner. Das lebende Schaf und die Hühner
werden auf dem das Dach von Custard transportiert. Unser Auftauchen
beim Markt, bringt das gesamte Marktgeschehen durcheinander. Auf
geht`s in Richtung Parkeingang. Das Monster keucht und ächzt die
Serpentinen hoch. Beim Parkeingang werden wir von einer Herde Affen
begrüßt die hier endemisch sind.
("Endemisch" heißt: einzigartig, es gibt sie nur an
einem, diesem speziellen Ort. Endemisch ist ein super Fremdwort um
sich irgendwo hervorzutun. Das sage noch einer, bei Kaso-Tour
könne man nix lernen). Egal, die Affen, "Gelada baboon"
genannt, waren witzig. Hunderte von Affen die sich in Herden über
die Berghänge bewegen. Weiter geht die Fahrt nach oben. Die
Schotterpiste ist teilweise so steil, dass Monster sie nur im ersten
Gang bewältigt. Der höchste Punkt den wir erreichen wird vom
GPS mit 3470 m angegeben. Wir hätten nie geglaubt, daß
Monster das schafft. Nach einer Kurve liegt eine grandiose Aussicht
vor uns. Wir schauen hinab auf eine gewaltige Bergwelt, unzählige
Tafelberge (Ambas) Schluchten und Felsen.
Unser Ziel ist das Sankaber Camp. Dort wollen wir die nächsten
Tage bleiben. Außer uns sind noch ca. 20 andere Zelte hier. Wir
haben nicht erwartet so viele Leute hier anzutreffen, schon gar nicht
an Heilig Abend. Mit 10°C haben wir nahezu weihnachtliche
Temperaturen (für Deutschland). Als erstes muß das Schaf
geschlachtet werden. Mabrato und Luc widmen sich dieser Aufgabe. Vor
allem für Luc ist das Schlachten eine neue Erfahrung. KASO
hält sich in diesem Zusammenhang im Hintergrund. Ich muss nicht
immer ganz vorne mit dabei sein. Aus Schaf, Knoblauch, und Kartoffeln
bereitet Gisie ein typisches äthiopisches Fleischgericht. Wir
sind auch für Weihnachten gerüstet - Dana macht aus
äthiopischen Wein und Gewürzen und Orangen eine klasse
Glühwein, den wirklich alle benötigen, denn nach
Sonnenuntergang ist es empfindlich kalt geworden. Zum Abendessen gibt es Inschara, der
typische äthiopische Fladen mit Schaffleich und Kartoffel. Dazu
Glühwein, Spekulatius und Weihnachtsmusik von CD. Ein Heilig
Abend wie ihn keiner von uns vergessen wird. Das Essen ist für
uns Weiße eher gewöhnungsbedürftig, aber wir alle sind
recht zufrieden mit diesem Fest. Wie Luc aus der Schweiz sagte
".... sehr speziell". Das ganze erhält eine besondere
Note - wir können mit Marks Sattelitentelefon in Deutschland
anrufen. Die moderne Technik macht es möglich sogar aus dem
Nichts zu telefonieren. Während der Nacht gingen die Temperaturen
auf unter Null Grad zurück. Oft schon haben wir auf dieser Tour
unser Monster verflucht und uns gewünscht wir hätten doch
etwas kleineres. In den Bergen kommen die Vorzüge unserer Kabine
voll zum Tragen. Wir können die Tür schließen und kein
kalter Lufthauch hat stört den erlauchten Schlaf. Auch die ums
Camp schleichenden Schakale sind uns egal.
25. Dezember 2003 - Weihnachten.
Außer uns hat jeder irgend etwas am Auto zu reparieren. Da ich
zu faul bin oder weil am Monster nur das Reifenprofil und die
Halterung des Armaturenbrettes kaputt ist, helfe ich mal hier mit und
mal da. Eigentlich habe ich keine Lust an Weihnachten zu schrauben.
Bei der Überprüfung der Brotvorräte stellen wir fest,
das Brot wird nicht reichen. Also was tun? Der Weg in den
nächsten Laden ist zu weit, deshalb wird die Notration an Mehl
ausgepackt und ich beginne Brot zu backen. Mit Trockenhefe und
Backmischung zaubere ich zwei große Leib. Als Backofen verwende
ich einen alten Kochtopf, der direkt in die Glut gestellt wird. Das
Brot ist zwar sehr kompakt aber essbar und gut. Brotbacken auch unter
diesen Umständen ist gar nicht so schwer
Gisie zelebriert für
uns die typische äthiopische Kaffee-Zeremonie. Kaffee stammt
ursprünglich aus Äthiopien, ein Landstrich hier ist das Land
der Kaffer. So gibt es hier eine spezielle Art den Kaffee
zuzubereiten. Die Zeremonie benötigt rundweg eine Stunde. Die
grünen Kaffeebohnen werden gewaschen, auf einem Blech über
offenem Feuer braun geröstet und noch warm in einem
Holzmörser zerstoßen. Das ganze wird mit Wasser aufgekocht
und in Tassen die zu einem Viertel mit Zucker gefüllt sind,
aufgegossen. Bei einer äthiopischen Kaffeezeremonie wird der
Kaffee 3 mal in einer speziellen Kanne aufgekocht. Jeder muß
mindestens 3 Tassen trinken. Gisie hat sich für diese Gelegenheit
extra die äthiopische Tracht angezogen.
An diesem Abend gibt es als Überraschung englischen
"Fruitcake". Er wird mindestens ein Jahr in schottischen
Whiskey regelmäßig gewendet. Der 25. Dezember ist für
unsre englischen Freunde der Hauptfeiertag. Luc hat eine besondere
Überraschung auf Lager, er hat tatsächlich für jeden
von uns ein kleines Geschenk. Wir packen es im Schein des Lagerfeuers
aus. - Danke Schön.
26. Dezember - auf zum Gich Camp.
Auf geht's zu einem 2 tägigen Hijke in die Berge. Daryl leiht
uns sein Zelt. Er kann sich vorstellen es eine Nacht mit Luc im Zelt
auszuhalten. Das Gich Camp ist nicht mit Fahrzeugen erreichbar. Wir
haben Maultiere samt Treiber angeheuert. Sie transportieren das
Hauptgepäck. Frühmorgens um 8 Uhr stehen die Maultiere
bereit beladen zu werden. Manche sind in einer bemitleidenswerten
Verfassung. Wir lehnen es ab unser Gepäck auf ein Pferd zu laden,
das sichtlich lahmt. Nach einer Stunde ist alles verstaut. Ein Scout
bleibt bei den Fahrzeugen zur Bewachung der andere Scout ist unser
Führer. Mit geschultertem Gewehr geht er munter voraus.
Die Scouts sind schon ein komisches Volk. Eigentlich sollten sie
für sich selbst sorgen, aber das tun sie nicht. Sie verlassen
sich darauf, dass sie mit versorgt werden. So haben sie weder
Schlafsack noch Zelt dabei, obwohl sie wissen, dass sie für
mehrere Tage in die Berge gehen. Wir haben ihnen Planen geliehen um
sich zuzudecken. Ihr bevorzugter Schlafplatz ist unter dem Monster,
warum ist uns unklar, da es nicht regnet und das Fahrwerk wirklich
kein Windschutz bietet. Auch haben sie keine Skrupel alle unsere
Sitzgelegenheiten für sich und ihre Freunde zu verwenden und
unser Holz zu verbrennen (das Holz muss man kaufen). Wie schon
erwähnt, das Wort Bitte scheint es in Äthiopien nicht zu
geben.
Wir folgen und weiter
geht es bergan. Wir durchqueren eine großartige Landschaft.
Wieder stehen wir an einem Abhang der fast 1000 m abfällt und
wieder sehen wir Gebirge von oben, ein majestätischer Anblick.
Mittags rasten wir bei einem kleinen Wasserfall (der große
Wasserfall an dem wir vorbeikamen hatte natürlich kein Wasser,
aber das ist wohl hier in Äthiopien so eine Eigenschaft von
Wasserfällen). Unsre Mahlzeit wird streng beobachtet von einer
Herde Baboon und von Lämmergeiern, die in der Hoffnung auf
essbare Reste, über uns kreisen.
Unser Wanderung führt uns vorbei an Riesen Lobelien, auch diese
Pflanzen sind hier endemisch. Gegen 15:00 Uhr kommen wir im Giche Camp
auf 3600 m Höhe an und werden von einem schneidig, kaltem Wind
begrüßt. Eigentlich wollten wir noch weiter bis zum Gipfel
des Imetgogo, doch das verschieben wir auf morgen. Auch in diesem
Lager sind wesentlich mehr Menschen als wir erwartet hätten. Die
meisten mit geführten Gruppen. Wir beobachten einen Adler - ein
Vogel der fast schon etwas Mythisches hat und auch deshalb
überall als Wappentier verwendet wird. Ungewöhnlich ist
für uns, dass er sich in der Nähe unserer Horde von
Touristen nieder- und nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Was der Abend versprach hält die Nacht - es ist schweinekalt.
Enggedrängt sitzen wir ums Feuer. Die Gaskocher schaffen es nicht
die Suppe zu erhitzen, also wird über offenem Feuer gekocht. Mehr
als Nudelsuppe ist heute nicht drin. Hauptsache warm und viel. Luc
bringt seinen Unmut mit dem Spruch "dieser blöde Camping
Scheiß." zum Ausdruck. Er wird noch oft von uns allen
zitiert werden, denn auch Engländer, Franzosen und Süd
Afrikaner haben sehr gut verstanden was er meinte.
Es ist so kalt in dieser Nacht, dass unser Kanister mit Wasser
gefriert. Die Gruppe KASO macht es sich in Daryls Zelt gemütlich.
Da das Maultier alle unsere Decken aus dem Monster hier hoch schleppen
mussten ist es auch gar nicht so unbequem und wir frieren nicht.
27. Dezember - Imetgogo
Imetgogo wir kommen. Nach nur 2 Stunden erreichen wir den Gipfel. Die
letzten Meter sind besonders spektakulär. Der Weg führt
über einen Grad auf der einen Seite fällt der Fels fast 1000
m senkrecht ab, flankiert von schwarzem Granit. Geschafft - wir sind
oben - auf 3950m. Leider können wir nicht allzu lange verweilen,
da wir zurück zu unsren Fahrzeugen ins Lager Sankaber
müssen.
Der Abstieg fällt
uns wesentlich leichter als der Aufstieg, trotzdem machen sich bei
einigen von uns Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und Übelkeit
bemerkbar. Wir wissen nicht ob es von der Höhe oder vom Wasser
kommt.
Mark trifft es besonders hart, als wir von unseren eigenen Maultieren
samt Lasten überholt werden. Nein wir anderen haben keinen
sportlichen Ergeiz schnell zurückzukommen.
Dies ist unser letzter gemeinsamer Abend. Luc und Daryl fahren morgen
zurück nach Gondar und nehmen Mabrato und Gisie mit. Mark, Jo,
Francois und Corinne wollen ins Chennek Camp und werden gemeinsam den
Ras Daschen besteigen. Wir wollen über den Wolkefitt Pass nach
Norden nach Axum, um dort Sylvester zu feiern.
28. Dezember - bergab
Jeder Schritt fällt mir schwer, mein Magen rumort und
überhaupt ist mir heute nicht so gut. Endlos brauchen wir um das
Monster reisefertig zu machen. Erst gegen Mittag kommen wir los. Ein
Scout (Half Face) kommt mit uns ins Tal der andere fährt mit Mark
zum Chennek Camp. Der Scout murmelt etwas von bezahlen und 5 Tage aber
da wir nur 4 Tage hier waren meint Mark ich solle nicht darauf
hören. Wir fahren runter nach Debark und erklären unsrem
Scout er könne nun aussteigen da wir weiter nach Auxm fahren.
Aber er steigt nicht aus und er meint wir müssen noch mehr
bezahlen. Nein es war alles mit dem Park-Officer besprochen. So geht
es eine Weile lautstark hin und her - er sagt bezahlen und wir sollen
ihn zurück ins Office fahren. Ich sage aussteigen da wir endlich
weiter wollen, alles bezahlt und langsam genug haben. Wir bitten in
nochmals mit Nachdruck endlich aus unserem Auto auszusteigen. Als
Antwort lädt er sein Gewehr und richtet es auf uns - und sofort
kommen wir zur Einsicht und bringen Ihn zu seinem Vorgesetzten. Es war
eine unschöne Erfahrung in die Mündung seines Gewehrs zu
schauen. Nach einer Diskussion mit dem Officer, und mehrmaligen
Entschuldigung des Selben, bezahlen wir nur den Scout für einen
Tag länger. Wer das Gewehr hat, hat Recht. Dieses Ereignis hat
uns den Tag ganz versaut - und mit ziemlichen Ärger und Frust
verlassen wir Debark in Richtung Norden. Natürlich haben auch wir
falsch reagiert. Vielleicht hätten wir früher einlenken und
ihn ins Parkoffice fahren und die Angelegenheit mit seinem
Vorgesetzten diskutieren sollen. Aber trotzdem ist dies kein Grund und
keine Lösung, eine Waffe zu laden und auf uns zu richten.
Kurz hinter Debark
beginnt der Wolkefit Pass. In halsbrecherischen Serpentinen windet
sich eine sehr schlechte Schotterpiste über 1800 m hinab in das
Gebirge, das wir so oft von oben bewundert haben. Die Serpentinen sind
zum Teil sehr eng und haben noch zusätzlich eine 30 Grad Neigung
nach innen. Tiefe Spurrillen machen die Sache noch etwas schwieriger.
Oft liegen Steine und Felsen von Überhängen auf der Piste.
Der Abgrund neben der Piste ist schwindelerregend tief und steil. Wir
versuchen uns zu beruhigen und die Landschaft zu genießen. Sie
ist atemberaubend schön. Doch den Atem raubt uns ein anderes
Ereignis. Vor einer Kurve trete ich auf die Bremse und habe
plötzlich keine Bremswirkung mehr. Mir stockt das Herz. Mit aller
Gewalt zwänge ich den 2 Gang rein und zerre wie verrückt an
der Handbremse. Das Monster kommt zum Stehen. Zum Glück habe ich
viel Zeit und Mühe bei der Reparatur der Handbremse verwendet.
Was ist passiert ? Ich weiss es nicht genau. Bei der Untersuchung der
Bremsanlage verbrenne ich mir die Finger an den Bremsscheiben.
Über die Hälfte des Abstiegs liegt bereits hinter uns und es
wird mal wieder Abend. Was also tun? Nach meiner Theorie hat sich bei
einem besonders starken Gefälle und Geruckel eine Luftblase in
die Bremsleitung verirrt, da der Bremsflüssigkeitsstand doch sehr
gering war. Wir füllen Bremsflüssigkeit nach und
beschließen weiterzufahren, denn auf dieser engen
Paßstraße können wir nicht stehen bleiben. Wenn man
mehrmals mit dem Bremspedal pumpt läst sich eine Bremswirkung
erzeugen. Morgen werden wir die Bremsen zu entlüften.
Es wird Nacht und wir haben immer noch keinen geeigneten Schlafplatz
gefunden. Die Dörfer sehen nicht sehr einladend aus. Sie sind
ohne Strom und drängen sich entlang einer schlechten Strasse.
Überall sieht man Garfeuer die in der Dämmerung eher
bedrohlich wirken. Wir werden beäugt wie aus einer anderen Welt,
was wir mit dem Monster ja auch sind. Man muss sich
vergegenwärtigen, dass wir mehr Hausrat mit uns führen als
die meisten hier besitzen. Vor allem trägt in dieser Gegend fast
jeder Mann ein Gewehr spazieren. Unser Unbehagen wird immer
größer. Wir fahren bei stockdunkler Nacht wieder einen Pass
hinauf und hinunter, ohne Vertrauen in die Bremsen und finden immer
noch keinen sichern Platz für die Nacht. Erst nach 20:00 Uhr
stellen wir uns auf einen Dreschplatz neben der Strasse. Wir sehen
keinen Menschen aber wir hören eine Dorf. Schon lange ist kein
Auto mehr unterwegs. Wir verbringen einen ungemütlichen Abend
ohne Licht (damit man uns nicht sieht) und beschließen morgen
umzukehren und zurück nach Gondar zu fahren. Aber das heißt
auch wieder den Pass hinauf - mit kaputten Bremsen. In dieser Nacht
schlafen wir beide nicht sonderlich gut, zudem sind wir gesundheitlich
etwas angeschlagen.
29. Dezember - bergauf
Vor 6.00 Uhr sind wir
wach. Beim ersten Licht machen wir Frühstück und das Monster
reisefertig. Der erste Einheimische der vor dem Monster steht hat
natürlich eine Kalaschnikow bei sich. Ich wechsle ein paar
freundliche Worte mit ihm, lobe sein Land und sein Gewehr und
verdrücke mich wieder ins Monster. Ich weiß nicht ob er
mich versteht, aber ich habe langsam gelernt zu Menschen mit Gewehr
freundlich zu sein. Wir machen uns auf den Weg. Wir kriechen den Pass
hinauf ohne das Monster zu überhitzen. Nach 6 Stunden sind wir
oben - kurz vor Debark. Uns ist unwohl durch Debark zu fahren. Dort
wartet eventuell der verrückte Scout (Half Face) mit dem Gewehr.
Möglicherweise hat er ja durch uns seinen Job verloren - was in
jedem Fall besser für alle nachfolgenden Touristen wäre.
Wenn ja, wird er uns dafür verantwortlich machen. Eigentlich
müssten wir tanken, aber wir beschließen 2 Kanister in
unsren Tank zu leeren, so schnell wie möglich durch Debark
durchzufahren und nicht anzuhalten, komme was da wolle. Gesagt getan.
Mitten in Debark rennt uns einer winkend und gestikulierend entgegen.
Es ist Francois, wir halten an. Auch die Custard-Besatzung hat gestern
die Simiens verlassen, da bei Marks Landrover der Turbolader
ausgefallen ist. Sie sitzen in einem Cafe und wollten gerade weiter.
Gemeinsam fahren wir nach Gondar. Ist schon lustig, sie wollten uns
gestern einholen aber Monster war zu schnell. In Gondar angekommen
gibt es für Dana nur noch eines - möglichst schnell ins
Bett.
30. Dezember - Gondar
Eigentlich wollten wir alle weiter nach Bahir Dar aber keiner kommt
voran. Wir entlüften die Bremsen und tun sonst nichts. Dana und
ich fühlen uns wirklich nicht besonders. Wir wissen nicht ob es
vom Wasser oder whatever kommt. Es könnte auch eine Vergiftung
mit Bremsflüssigkeit sein. Durch die Aktion am Wolkefit Pass
hatten wir Bremsflüssigkeit überall und die ist sehr
giftig.
An diesem Abend treffen wir Christian und Juliane aus Köln. Auch
er ist mit einem LT 4x4 hier in Afrika unterwegs nach Süden. Wir
haben schon telefoniert, SMS ausgetaucht etc. aber wir haben uns noch
nie gesehen. Er war immer eine Woche hinter uns. Wir verbringen einen
netten Abend bei frisch gezapften Daschen Bier und verabreden uns
für später in Kenia.
31. Dezember Sylvester in Bahir Dar
Wir begeben uns wieder auf die von uns so geliebte Piste nach Bahir
Dar. Wir wissen zwar, dass wir für die 180 km mehr wir 8 Stunden
benötigen, aber wir schaffen es nicht vor 11:00 Uhr wegzukommen.
Diese Strecke ist so mies, kaum zu verstehen, dass wir sie nun schon
zum dritten mal fahren. Das elendige an dieser Piste ist, sie besteht
zu 20 % aus nagelneuem Asphalt, aber man darf ihn noch nicht benutzen.
Wir müssen auf der Servicepiste der Baufahrzeuge fahren und die
ist in einem erbärmlichen Zustand. Mit Durchfallmittel im Bauch
und Pudding in den Beinen geht es los. Wir haben den Eindruck die
Strecke wird von mal zu mal schlechter. Custard überholt uns
gegen 16:00 Uhr aber wir werden noch mindestens 4 Stunden brauchen.
Und dann das bereits in der Dunkelheit: Mitten in der Servicepiste
kommen uns Militärfahrzeuge mit Panzern entgegen. Wir müssen
anhalten und im Schneckentempo ziehen sie an uns vorbei (20? 30?) Es
wirkt beängstigend und die Piste wird natürlich durch jedes
einzelne Fahrzeug "besser". Als wir endlich wieder starten
können ist sie kaum noch passierbar. Gegen 19:30 kommen wir
ziemlich erledigt an.
Heute ist Sylvester
eigentlich ein Grund zum Feiern. Das Gihon Hotel hat eine
Sylvesterparty organisiert obwohl für die Äthiopier. kein
besonderer Tag ist. Wie bereits erwähnt, das neue Jahr beginnt
für sie im September. Wir gehen hin und ich mute meinem Magen, zu
den Medikamenten, auch Fisch und Pommes und ein paar Biere zu. Nach
dem Abendessen wird ein großes Feuer entfacht, ein DJ macht
Musik, alle tanzen ums Feuer herum. Auch Daryl ist hier, er hatte auf
der Fahrt Probleme mit seinem Motorrad und wollte es hier reparieren.
Bis auf Luc ist die gesamte Weihnachtsgesellschaft also wieder
versammelt, dabei sollte planmäßig keiner von uns hier
sein.
Um Mitternacht gibt es sogar ein kleines Feuerwerk, das sich
romantisch in der lauen Nacht im See spiegelt. Alles in allem doch ein
recht schönes Sylvester. Nachdem gegen 1:00 Uhr die Musik geendet
hat verschwinden die anderen Gäste und nur wir mit unseren
Freunden und 2 Engländer sitzen ums Feuer, wie wir es in letzter
Zeit schon oft getan haben. Es wird noch eine Runde Bier ausgegeben,
Geschichten erzählt und mir wird schlecht. Ich versuche zum Klo
zu gehen und falle um. Ich kann mich an die nächsten Minuten
nicht erinnern. Dana versuchte mich aufzufangen aber wenn mein
Lebendgewicht mal ins Wanken kommt, dann gibt's kein Halten. Als
ich wieder zu mir komme, liege ich im Dreck, mit verkratztem Gesicht
und alle stehen um mich rum. Der Cocktail aus Bier und Medikamenten
hatte es wohl in sich (oder es war doch der Fisch). So bin ich ins
Jahr 2004 gestolpert. Ein wirklich grandioser Begin.
1. Januar 2004 - Neujahr
Dieses Jahr wird von uns
g a n z - g a n z l a n g s a m
begonnen. Außer e- Mails beantworten passiert heute nicht viel
bei uns. Und Internet in Äthiopien ist auch so eine Sache die nur
g a n z l a n g s a m
passiert. Oft benötigt man mehrere Minuten, bis eine Mail geladen
ist, bis man dann eine Antwort geschrieben hat ist die Verbindung
zusammengebrochen. Die einzige wichtige Entscheidung die wir heute
treffen ist die, dass wir morgen noch nicht weiter fahren, sondern die
Ruhe am See und die schöne Atmosphäre des Campingplatzes
genießen.
2. Januar 2004 Die Bremsen zum vierten
Als wir Sylvester endlich wieder die Teerstrasse in Bahir Dar
erreichten ist mir eine seltsames Geräusch aufgefallen. Es war
ein schabender oder rasselnder Laut beim Fahren. Da es mir heute
wesentlich besser geht und der nächste Streckenabschnitt nach
Addis Abeba auch nicht ohne ist, will ich lieber mal nachschauen.
Zuerst hatte ich die Radlager in Verdacht, aber die sind in Ordnung -
es sind die Bremsen. Also mache ich wieder die Bremstrommel auf - aber
es ist nicht mein Jahr. Bei der Demontage, verbiege ich manche Teile
wirklich drastisch. Eine Handbremse lässt sich besser
öffnen, wenn sie nicht angezogen ist. (grrr) Es dauert den ganzen
Tag, bis ich mit Hilfe eines Schmiedes die Teile wieder geradegebogen
und funktionstüchtig montiert habe. Das Geräusch kam von
einer ausgehängten Feder in der Trommel. Das Bremssystem eines LT
4x4 kenne ich nach dieser Reise in- und auswendig.
3. Januar 2004 go Addis
Wir alle machen uns auf den Weg nach Süden bis Debres Markos.
Laut Routenbuch erwartet uns eine schlechte Piste, gerüchteweise
soll es aber eine neue Asphaltstrasse geben. Es ist eine schlechte
Piste, nach 120 Km beginnt nagelneuer Asphalt, leider hält er nur
wenige 40 km und wir haben wieder eine Baustelle und eine
provisorische Piste neben der Baustelle - wie wir es gewöhnt
sind. Oft stelle ich mir die Frage ob die Bauarbeiten jemals
abgeschlossen werden oder ob der Neubau schon Altbau ist bevor er
fertiggestellt wird.
Gegen 17:00 Uhr werden
wir von Custard und Daryl überholt. Wir suchen ein Nachtlager auf
einem kleinen Hügel mit Wäldchen. Mit einer Gruppe von
Leuten ist es wesentlich leichter ein Lagerplatz zu finden. Vor allem
mit Wachhunden wie Blue und Red.
Red ist ein Hund zum knuddeln. Hat man sich einmal an ihn oder er an
uns gewöhnt, so kann man mit ihm machen was man will. Aber er mag
keine dunkelhäutigen Menschen. Entsprechend gut ist er hier als
Wachhund geeignet und er sieht schon imposant aus, wenn er mit seinen
40 kg und mit fliegenden Ohren auf einen zuschießt. Kaum haben
wir das Wäldchen erreicht, sind schon etliche Einheimische um uns
herum, aber in sicherer Distanz. Hier in Äthiopien wird man
wirklich überall entdeckt.
4. Januar 2004 Durch die Schlucht des Abay - bye bye Nil
Heute sind es nur noch so rund 270 km und davon sollen die meisten
Asphalt sein. Wir müssen zwar den Nil überqueren aber was
soll's. Bis zum Nil beziehungsweise bis zur Abbruchkante ist
wieder miese Piste angesagt. Die anderen fahren voraus, wir treffen
uns dann in Addis. KASO-Tour wackelt weiter bis nach Dejen. Dort
staunen wir nicht schlecht, wir hatten zwar von einem Canyon bei der
Nilüberquerung gehört aber so gewaltig haben wir ihn uns
nicht vorgestellt. Von 2400 m geht es runter auf 1100m, dort gibt es
eine Brücke über den Nil, und wieder auf die
ursprüngliche Höhe hinauf. Das Imposante dabei ist, dass
dies in einer Distanz von Luftlinie 3 km passiert; das bedeutet man
sieht von Anfang an fast die gesamt Strecke vor sich. Die
Geröllpiste windet sich allmählich nach unten. Bis etwa 500m
vor dem Nil. Ab dort scheint die Piste senkrecht in einer Schlucht zu
verschwinden.
Da wir unseren Bremsen nur bedingt trauen, machen wir es wie die
andern LKWs. Im ersten oder zweiten Gang rollen wir hinab. Zum Teil
sind fast schon metertiefe Schlaglöcher in der Piste durch die
wir durchschaukeln. Über anderthalb Stunden benötigen wir
bis wir endlich am Nil sind. Der Blaue Nil ist hier nur ein Rinnsal
und wird Abay genannt. Er wird noch groß und mächtig, bis
er sich in Khartoum mit dem weißen Nil zum "Nil"
vereinigt den wir aus Ägypten kennen.
Seit Kairo sind wir nun immer irgendwie entlang des Nils oder auf dem
Nil gefahren, nun verlassen wir ihn endgültig in Richtung
Süden. Direkt nach der Nilbrücke beginnt der Aufstieg. Im
Schneckentempo erklimmt das Monster Meter um Meter. Immer nur im
ersten oder zweiten Gang , zum einen weil es so steil ist, zum andern
wollen wir den Motor nicht überhitzen. Wir begraben den Traum
heute noch in Addis eine Pizza zu essen. Entlang der Strecke liegen
Autowracks die wohl eine Serpentine zu schnell genommen haben. Am
imposantesten ist ein Tankzug der inmitten eines Geröllfeldes
liegt und hundert Meter weiter oben, eine Lücke in der
Begrenzung. Er liegt anscheinend schon mehrere Wochen, so dass wir
ohne Anhalten weiter können. Wir wollen nur noch bis zur
Asphaltstraße. Aber nach 2 Stunden Anstieg wird auch diese Idee
aufgegeben wir übernachten im Hof des ersten Hotels das wir oben
finden.
5/6. Januar 2004 go Addis - go Pizza
Die neue Asphaltstraße beginnt nur wenige Kilometer hinter dem
Dorf in dem wir übernachteten. Sie wird von einer japanischen
Gesellschaft gebaut und wird wohl deshalb auch bald fertiggestellt.
Noch nie haben wir uns so gefreut Japaner zu sehen. Gegen Mittag
erreichen wir Addis Abeba und sind vom Kleinstadt Charakter dieser
Großstadt überrascht. Alles Schlechte, das wir von Addis
Abeba gehört haben scheint nicht zuzutreffen. Custard, die
Franzosen und Daryl erwarten uns schon. Die wenigen Spuren die die
italienischen Besatzer hier hinterlassen haben, sind die
Espressomaschinen und die Pizzerias. Die beste Pizza die wir in Afrika
bis jetzt hatten gibt es hier in Addis. Das Ambiente ist sehr
vorweihnachtlich. Zur Erinnerung - Weihnachten ist hier erst
übermorgen. Für uns wirkt die Weihnachtsmusik, Christbaum
und Weihnachtsmann bereits eher etwas deplaziert (Das war schon!).
7. Januar 2004 - Awasa See - äthiopische Weihnachten
Wir nutzen die
äthiopischen Weihnachtsferien um ohne Stress weiter nach
Süden zu kommen. Heute hieß es für uns wirklich von
unsren Freunden Abschied nehmen. Jo und Mark haben noch ein paar Tage
in Addis zu tun, bevor sie weiter ins Omo- Naturschutzgebiet fahren,
Corinne und Francoise machen sich nach Tagen der Ruhe wieder mit dem
Fahrrad auf den Weg in Richtung Süden und Daryl will morgen
weiter nach Kenia, er wird uns irgendwann überholen. Wir fahren
heute bis Awasa. Am Awasa-See genießen wir die Feiertagsstimmung
die überall herrscht. In einer Stunde am See haben wir mehr
fremde Vogelarten gesehen als bei uns in einem Zoo. Netterweise
lädt uns ein kanadisch- amerikanischen Ehepaar zum Abendessen
ein. Sie leben schon seit 36 Jahren in Äthiopien und wollen nun
zurück. Wir singen Weihnachtslieder zu einer kleinen Orgel und
bekommen Weihnachtskuchen aus Amerika.
Awasa See: Die Affen halten Monster anscheinend für einen super
Abendheuerspielplatz. 2 x mal beim Frühstück nicht richtig
aufgepasst und schon haben sie 2 Brötchen gemobst.
8/9. Januar 2004 weiter nach Moyale - Kenia
Weiter nach Kenia: Die
Landschaft ändert sich in eine tropische Vegetation. Alles sieht
so ordentlich, fruchtbar und aufgeräumt aus. Auch die Menschen
hier unten im Süden sind wesentlich freundlicher als im Norden.
Es scheint als fahre man durch einen riesigen Obstgarten.
Bananenstauden säumen die Strasse. Obstverkäufer bieten ihre
Ware direkt durch unsere Seitenfenster an. Weiter im Süden
wechselt die Landschaft zu der Savannen-landschaft wie wir sie aus
Daktari kennen. Zum ersten mal in Äthiopien fahren wir durch eine
Landschaft die nicht zersiedelt ist. Die Termiten Säulen
lösen Bananenstauden ab - die Gegend wird einsamer.
Endlich erreichen wir Moyale. Die letzte Station in Äthiopien.
Bisher sind wir 11334km gefahren, von Addis bis an die Grenze auf
einer passablen Teerstraße. Aus der Traum - ab hier führt
nur noch eine schlechte Piste weiter. Diese Piste soll der
schlechteste und gefährlichste Abschnitt unsrer gesamten Route
sein und trotzdem sind wir irgendwie froh - endlich Kenia.
Zusammenfassend Äthiopien:
Die Landschaft ist grandios, sehr fruchtbar und teilweise sehr
schroff. Selbige Beschreibung trifft auch auf die Menschen zu. Im
Norden trägt jeder Mann ein Gewehr im Süden haben sie das
nicht nötig. Außer in den sicheren Enklaven von Hotels und
Restaurants wird ein Weißer ständig von einer Traube
fordernder Menschen umlagert.
Weihnachten in den Simien Mountains war ein Erlebnis das wir nie
vergessen werden.
KASO-Tour |